Fall Mollath: Polizeibesuch bei CSU-Mitglied nach kritischem Tweet

Sicherheitsdienst von Beate Merk war eingeschaltet, ehemalige Frau von Mollath hat sich erstmals zu Wort gemeldet

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Die Nerven im Fall Mollath scheinen im Justizministerium blank zu liegen: Hat die Polizei Ursula Gresser, Ärztin und CSU-Mitglied, nach einem kritischen Tweet in Sachen Mollath aufgesucht?

"Wann Mollath frei kommt? Diese Frage könnte man Frau Merk am Mo. 10.06.2013 um 19. Uhr im Landgasthof Holfoding stellen", twitterte etwa Gresser und rief zur Teilnahme auf, um "Gesicht zu zeigen. Sie schrieb auch: "Ich werde mit Zivilcourage und Stehvermögen an der Genesung des Rechtsstaates #Bayern mitwirken, bin Mitglied von #CSU und #Frauen-Union #FU" Prompt tauchte die Polizei bei ihr am Haus auf. Sollte Gresser eingeschüchtert werden?

Der Münchner Merkur berichtet, die Ärztin habe gesagt, das Auftauchen der Polizei sei ein Versuch gewesen, sie einzuschüchtern und "von einem Besuch abzuhalten." An Anke Domscheit-Berg schrieb sie: "Es war ein Versuch der Einschüchterung. Als ich fragte, ob man wolle, dass ich nicht zur Veranstaltung gehe, kam ein diskretes Nicken."

Das Bayerische Justizministerium verweist laut Münchner Merkur aber darauf, dass der Grund für den Besuch ein anderer gewesen sei. Angeblich habe bereits "am 23. Mai ein Anwalt dem Ministerium geschrieben, Gresser plane möglicherweise, die Veranstaltung "zu stören und zum Podium für ein ganz anderes Thema", nämlich einen hoch emotionalen Familienstreit zu machen. "Zum Beleg waren dem Schreiben entsprechende Twitter-Meldungen beigefügt", heißt es in der Mitteilung. Dieser Brief sei routinemäßig an das für die Sicherheit der Ministerin zuständige Landeskriminalamt weitergegeben worden."

In einer Email, in der Gresser den Vorfall schriftlich schildert und die Telepolis vorliegt, beschreibt die Ärztin, dass ihr um die Mittagszeit zwei Herren aufgefallen seien, die sich "betont unauffällig" um ihr Grundstück bewegt hätten. Plötzlich habe es an ihrer Tür geläutet und die beiden Männer hätten sich als Polizisten der Polizei Ottobrunn zu erkennen gegeben und gesagt, dass sie der Sicherheitsdienst der bayerischen Justizministerin, Beate Merk, schicke. Nachdem Gresser gefragt habe, worum es gehe, sollen die beiden Männer auf ihren Tweet zu sprechen gekommen sein und ihr signalisiert haben, dass eine Teilnahme von ihr an der Veranstaltung als bedenklich betrachtet werde.

Gresser, so schreibt sie, habe daraufhin gelacht und gesagt, dass man vor ihr wegen ihres Einsatz für den Fall Mollath keine Angst zu haben brauche. Das könnten die Herren Frau Merk ausrichten, außerdem werde sie den Tweet löschen.

Den unerwarteten Polizeibesuch kommentierte sie mit den Worten: "Sie wollen dem Justizministerium etwas sagen? Kein Termin? Es reicht, wenn Sie es twittern. Man kommt dann zum Gespräch zu Ihnen!"

Derweil hat Gustl Mollath vorm Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags ausgesagt. In der SZ wird eine interessante Szene zu Beginn der Ausschusssitzung beschrieben: "Bevor Mollath überhaupt zum Sprechen kommt, diskutieren die Mitglieder des Untersuchungsausschusses mit teils harschem Ton darüber, auf welche Weise er zu antworten habe. Auf jede Frage einzeln, so wie es der Ausschussvorsitzende Herrmann verlangt. Oder so, wie bislang alle anderen Zeugen auch aussagen durften: Die Dinge erzählen, wie sie erlebt wurden. Die Abgeordneten einigen sich darauf, dass Mollath gleich behandelt werden muss."

Inzwischen hat sich auch Mollaths frühere Frau im Nordbayerischen Kurier zu Wort gemeldet. Sie bleibt bei ihrer Geschichte und bezeichnet die Diskussion um den Fall als "hysterisch und weit entfernt von der Wahrheit". Sie bestreitet etwa, "dass zwischen ihr und ihrem Ex-Mann jemals Schwarzgeld ein Thema gewesen sei. Davon habe er erst gesprochen, nachdem sie ihn verlassen hatte". Spiegel hat darüber ausführlich geschrieben, ein Kommentator hat sich die Berichterstattung angeschaut und wirft ihr Einseitigkeit vor.