Vom Kinder- zum Abmahnmissbrauch?

Ein katholischer Würdenträger reagierte auf einen Hinweis an sein Bistum mit der Zusendung von Unterlassungserklärungen

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Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung reagierte ein katholischer Pfarrer auf dem Bistum Regensburg zugetragene Missbrauchsvorwürfe mit der Zusendung von Unterlassungserklärungen, durch welche er die Informantin und eine Vermittlerin zum Schweigen bringen wollte.

Monika P., die in der Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern ehrenamtliche tätige Vermittlerin, sagte dem Blatt, dass sich die Haushälterin eines Priesters vor sieben Jahren mit der Information an sie gewandt habe, dass dieser sich einen minderjährigen "Ziehsohn" gehalten habe, der "auch im Schlafzimmer" ein- und ausging. Zudem soll der Geistliche regelmäßig "Buben" vom tschechischen Straßenstrich aufgesucht haben.

P. schickte die Frau zum Ombudsmann des Bistums Regensburg. Einige Tage darauf ging ein Abmahnschreiben eines von dem verdächtigten Pfarrer beauftragten Anwalts bei ihr ein. Mittels einer durch eine hohen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungserklärung sollte sich P. dazu verpflichten, die Vorwürfe (die sie nach eigenen Angaben gar nicht selbst äußerte) nicht zu "wiederholen". Auch der Haushälterin wurde eine Unterlassungserklärung vorgelegt, die sie unterzeichnete. Der betroffene Geistliche blieb bis jetzt in Amt und Würden.

Aus Angst vor weiteren Abmahnungen behielt P. in den darauf folgenden Jahren ihr zugetragene Vorwürfe gegen katholische Geistliche im Bistum für sich. Auch bei Mitteilungen an die Staatsanwaltschaft fürchtete sie eine Weitergabe ihres Namens und ihrer Adresse, die wieder in der Konfrontation mit einem fordernden Anwalt enden könnte. Möglicherweise war es die Fülle an Fällen, die in den letzten Tagen unter anderem im Internat Koster Ettal und beim Regensburger "Domspatzen"-Knabenchor ans Licht kam, welche sie nun dazu brachte, doch ein rechtliches Risiko einzugehen.