Scheindebatte um Griechenland

Trotz des Wahlsiegs von Nea Dimokratia hat sich der Absturzkurs für Spanien deutlich verstärkt

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Wer Zweifel hatte, ob es real einen Zusammenhang zwischen dem Absturz Spaniens und der angeblichen "Schicksalswahl für den Euro" in Griechenland gibt, erhält nun Aufklärung. Obwohl die konservative Nea Dimokratia die Wahlen gewonnen hat und mit der sozialdemokratischen Pasok eine Koalition bilden kann, womit der geforderte drastische Sparkurs gesichert ist, bleibt die erwartete Entspannung für Spanien aus. Sogar genau das Gegenteil ist der Fall.

Weil die Wahlen in Griechenland mit der fatalen Situation in Spanien nichts zu tun hatten, dessen Probleme hausgemacht sind, ist der Risikoaufschlag für zehnjährige spanische Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen am Montag auf einen neuen Rekordwert von fast 570 Punkten geklettert. Die Renditen liegen deutlich über der Marke von 7%, an denen Griechenland, Irland und Portugal unter den Rettungsschirm schlüpfen mussten. Mit mehr als 7,1% wird es inzwischen sehr brenzlig für Spanien.

Eigentlich war klar, dass über den Euro nicht in Griechenland entschieden wird, ein Wahlsieg der Gegner des strikten Sparkurses hätte bestenfalls die Vorgänge beschleunigt. Viel entscheidender für den Euro und Europa ist das abstürzende Spanien mit seinen gravierenden Problemen, das Italien mit in den Abgrund reißen könnte. Für dieses Szenario gibt es keine Rettungsnetze, die den Aufprall einer Verschuldung von zwei Billionen Euro abfedern könnten.

Die Entwicklung an den Finanzmärkten am Montag macht deutlich, dass mit der versuchten kleinen Lösung, in Spanien mit bis zu 100 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm nur eine Bankenrettung zu versuchen, nicht einmal Zeit gewonnen wurde. Vor den Wahlen und vor dem G20-Gipfel, der heute in Mexiko beginnt, wurde längst darauf hingewiesen, dass damit die realen Probleme des Landes nicht einmal angegangen werden. Tatsächlich steigt die Staatsverschuldung Spaniens damit sogar enorm weiter an. Damit steigt auch die Erwartung, dass auch das Land sich real nicht mehr über die Finanzmärkte finanzieren können wird und komplett unter den Rettungsschirm schlüpfen muss.

Gefangen im Teufelskreis

In den USA wurde die Bankenrettung nie anders debattiert, wie im "Economist" nachzulesen ist, wo von einem "Teufelskreis" gesprochen wird. Die zusätzlichen Staatsschulden bedeuten eine erhöhte Zinslast von 3 bis 4 Milliarden Euro in einem Land, in dem die Zinslast im Haushalt schon 2012 der zweitgrößte Posten war, weshalb sich das Land sich die stark gestiegenen Zinsen nicht erlauben kann. Die Zinsen für die Bankenrettungsmilliarden müssen wiederum an anderer Stelle eingespart werden, wenn das Haushaltsdefizit wie von der EU gefordert gesenkt werden soll. Damit wird die Rezession weiter verstärkt wird, die Arbeitslosigkeit auf immer neue Rekordwerte steigen, weitere Steuern ausfallen ...

Das ist in der Tat ein Teufelskreis. Und es darf erwartet werden, dass der rechte spanische Regierungschef Mariano Rajoy nun in Mexiko allseits dazu gedrängt wird, endlich unter den Rettungsschirm zu schlüpfen. Den ersten wichtigen Schritt, nachdem er über seinen Schatten gesprungen ist, hat er schon getan und die kleine Nothilfe beantragt. Über den Rettungsschirm bekäme das Land eine bezahlbare Refinanzierung und könnte dann auch Wachstumsanreize setzen, anstatt immer weiter auf die Sparbremse zu treten, weil immer mehr Steuergeld im Schuldendienst versenkt wird.

Sonst könnte auch in Spanien der Schuldenstand bald so hoch werden, dass ein Schuldenschnitt wie in Griechenland nötig wird, mit ungeahnten Folgen für Italien. Das griechische Szenario zeichnet sich ohnehin längst für Portugal ab. Die Sparprogramme haben den kleinen spanischen Nachbar schon tief in die Rezession gedrückt. Obwohl das Haushaltsdefizit gesenkt werden konnte, schwoll die Staatsverschuldung von 93,3% der Wirtschaftsleistung Ende 2010 auf schon 108% Ende 2011 an.