Ägypten: Immer mehr Krisenherde für die Regierung

Immer mehr Streiks und immer weniger staatstreue Medien

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Die Online-Ausgabe der ägyptischen Staatszeitung al-Ahram zeigt sich verändert. Vorbei die Zeit, als die Proteste in Ägypten vom Blatt ignoriert wurden. Jetzt handeln die Artikel nur mehr von der "Januar-Revolution".

Sie berichten vom Geschehen am Tahrirplatz, von den landesweiten Streikwellen, von Celebrities und Künstlern, die sich hinter die Revolution stellen, von "ehrenwerten Polizisten", die ebenfalls die Demonstranten unterstützen und die endemische Brutalität in Ägytens Sicherheitsdiensten verdammen, und von den strategischen Terraingewinnen der Demonstranten, die jetzt versuchen, mit einem Sit-in die Zugänge zum Parlament versperren. Der Leitartikel rühmt, dass die Ägypter sich und ihre Nation mit ihrer einzigartigen Revolution "neu erfunden" haben.

Es tut sich etwas in den Staatsmedien, eine der Machtsäulen des Mubarak-Regimes. Selbst beim Staats-Fernsehen Nile. Beim dortigen News-Channel hat eine Moderatorin gekündigt, weil der Sender nicht die Wirklichkeit abbilde, die draußen geschehe und sich die Berichterstattung laut Vorgesetzten "nach Instruktionen" richte. 500 Angestellte der staatlichen Zeitung Rose al-Youseff schlossen sich den landesweiten Streiks an.

Die Streikwelle bekommt währenddessen täglich neuen Zulauf. Die große Tageszeitung al-Masry-al-yaum informiert über die Entwicklungen der Streiks sehr genau und auch über deren Verbindungen zu den politischen Protesten. Täglich sind mehrere Berichte darüber zu lesen - die ausländischen Medien, allen voran al-Jazeera, haben nicht mehr das Monopol auf eine vom Regime unabhängige Berichtesstattung.

Die Regierung Suleiman bekommt es mit immer mehr Krisenherden zu tun. Sie widersprechen genau dem, was der Vizepräsident an demokratischer Kultur unter Ägyptern ausgemacht hat:

"

11:34am

In a recent interview with ABC television, Omar Suleiman, the vice president, said he wanted to see democracy, but added quickly:
But when will we do that?
When the people here have the culture of democracy."

(Ausschnitt aus dem Live-Blog von al-Jazeera)