Deutsche gegen die Beschneidung

Die Mehrheit im Bundestag hat das Beschneidungsgesetz gebilligt, 70 Prozent der Deutschen lehnen es ab

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Im Bundestag hat man dem Druck nachgegeben und mit großer Mehrheit mit 46 Enthaltungen und 100 Nein-Stimmen das Beschneidungsgesetz gebilligt. Damit ist beschlossen, dass "die Personensorge der Eltern grundsätzlich auch das Recht umfasst, bei Einhaltung bestimmter Anforderungen in eine nicht medizinisch indizierte Beschneidung ihres nicht einsichts- und urteilsfähigen Sohnes einzuwilligen". Ausführen dürfen die Beschneidung nicht nur Ärzte, sondern auch von ihrer Religionsgemeinschaft "besonders ausgebildete" Personen.

So wird zwar Deutschland nicht zum einzigen Land, das die Beschneidung von minderjährigen männlichen Kindern verbietet, wenn dies nicht medizinischen Notwendigkeiten enspricht, aber es hat sich auch zum Land gemacht, das sich religiösem Druck in dieser Hinsicht beugt und das Kindeswohl der Religion hintanstellt. Die Politiker, die das Gesetz befürwortet haben, mögen meinen, dadurch Schaden vom Land abgewendet zu haben. Allerdings haben sie nicht nach dem Willen der Mehrheit entschieden.

Nach einer repräsentativen Umfrage des Instituts Infratest dimap im Auftrag des Facharbeitskreises Beschneidungsbetroffener im Verein MOGiS e.V. – Eine Stimme für Betroffene, sind damit 70 Prozent nicht einverstanden, nur 24 Prozent unterstützen das Gesetz. Christian Bahls, der 1. Vorsitzender des Vereins, interpretiert das Umfrageergebnis so: "Die hohe Ablehnung in allen Bevölkerungsschichten und politischen Lagern zeigt auch, dass sich die Kritik am Gesetzentwurf eben nicht aus einem antireligiösen oder gar antisemitischen Reflex speist, sondern dass vielen Menschen die körperliche Unversehrtheit und das Recht des Kindes auf Selbstbestimmung am Herzen liegen." MOGIS hatte argumentiert, dass eine Zirkumzision "grundsätzlich eine Körperverletzung" ist. Schmerzen oder andere negative Folgen könnten höchstens strafverschärfend sein.