Stromnetz soll zurück in Bürgerhand

Genossenschaft will Berliner Stromnetz übernehmen

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Im Jahr 2014 läuft der Konzessionsvertrag des Landes Berlin mit Vattenfall über den Betrieb des städtischen Stromnetzes aus. Die Genossenschaft Bürgerenergie Berlin formiert sich gerade um den Betrieb des Netzes zu übernehmen. Netzbetrieb ist anscheinend ein lohnendes Geschäft. Cornelia Ziehm von Bürgerenergie Berlin beziffert die durchschnittlichen Gewinne der Netzbetreiber in Deutschland auf sechs bis neun Prozent jährlich, die bisher ohne klimapolitischen Mehrwert abgeschöpft werden.

Der Noch-Netzbetreiber Vattenfall ist in Ostdeutschland vor allem als Betreiber großer Kohlekraftwerke aktiv. Der Konzern versuchte in letzter Zeit, noch sein CO2-lastiges Image durch Greenwashing-Projekte zu verbessern. So sollten Kraftwerke in der Stadt mit Holzhackschnitzeln aus Liberia befeuert werden, um rein rechnerisch die CO2-Bilanz aufzupolieren. Gerade wurde aber die Kooperation mit der kanadischen Firma Buchanan Renewables Fuel gestoppt. Nicht aus Einsicht in Umwelt- oder Klimaschutz, sondern aus Kostengründen. Denn Vattenfall will als Experte für Verbrennungskraftwerke weiter an der bilanztechnisch günstigen Verfeuerung von Biomasse festhalten. Der Brennstoff der beiden neuen Biomasse-Kraftwerke im Stadtteil Lichtenberg, 500.000 Tonnen Holz jährlich, soll ab 2019 dann statt aus den Tropen, aus nähergelegenen Wäldern stammen.

Dagegen das Konzept der Genossenschaft: Das kommunale Stromnetz gehört zurück in Bürgerhand und Gewinne sollen nicht mehr, so wie es seit der Privatisierung des Netzes geschieht, als Unternehmensgewinne abwandern, sondern für Projekte investiert werden, die den Anteil an regenerativer Erzeugerkapazität vor Ort erhöhen. Bisher sieht es damit in Berlin, trotz hervorragender Bedingungen (riesige vorhandene Dachflächen, hohes Strahlungsangebot, städtische Dichte ideal für Kraft-Wärme-Kopplungs-Projekte) mau aus. So belegt Berlin bisher im bundesweiten "Solarbundesliga"-Ranking weit abgeschlagen Platz 44 von 49 deutschen Großstädten, noch magerer sieht es, trotz großer landeseigener Freiflächen, bei der Windkraft aus.

Unter den Gründungsmitgliedern von Bürgerenergie Berlin sind die Aktivisten von EWS Schönau, die als erste den Rückkauf eines Stromnetzes vorgemacht haben. Finanziell wird die Genossenschaft von der GLS Gemeinschaftsbank mit getragen. Damit möglichst viele Bürger zu Genossenschaftsmitgliedern und "Netzbetreibern" werden, ist der Genossenschaftsanteil mit 100 Euro bewusst niedrig angesetzt. Dieses Konzept der niedrigen Eintrittsschwelle wurde vom Solarverein Berlin-Brandenburg übernommen, der so kontinuierlich neue Bürgersolarkraftwerke finanziert.

Um zu verhindern, dass am Ende wieder Großinvestoren bei Bürgerenergie Berlin das Ruder übernehmen, hat jeder Genosse unabhängig von der Höhe seiner Einlage nur eine Stimme.