Vorratsdatenspeicherung: Was sollen wir speichern - sieben Tage lang?

Außer Kontrolle

Das Bundesjustizministerium hat seinen Entwurf zur Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung vorgelegt - und dieser ist letzten Endes eine Kapitulation der "Bürgerrechtspartei".

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Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Vorratsdatenspeicherung wurde die Neuregelung mit Spannung erwartet. Die Befürworter drängten bei jeder sich gebenden Gelegenheit darauf, die VDS endlich zu verabschieden, die Kritiker hielten dagegen und das Bundesjustizministerium ließ sich Zeit. Nun aber ist der erste Entwurf online und auf allen Seiten ist die Enttäuschung groß. Befürworter bezeichnen den Entwurf als völlig inakzeptabel und verweisen mal wieder auf Kinderpornographie und ähnliches, Kritiker sehen in der siebentägigen Speicherung von IP-Adressen eine VDS, was für sie bedeutet, dass die Bundesjustizministerium eingeknickt ist und somit die VDS befürwortet, wenn auch im kleineren Rahmen.

Tatsächlich ist die Frage der VDS eine solche, die im Zeitalter von "Kompromissen in der Realpolitik" zwingt, Stellung zu beziehen, denn sie ist letzten Endes eine generelle Frage. Jede Speicherung von nichtabrechnungsrelevanten Daten ohne konkreten Ausgangsverdacht und ohne eine triftige Begründung für die spezifische Speicherung ist eine VDS, der Rest betrifft nur die Regelung, welche Fristen und Modalitäten ausgewählt werden.

Auch wenn die VDS mittlerweile als "Mindestspeicherfrist" oder "VDS light" bezeichnet wird, es bleibt eine VDS, was bedeutet: Hier werden Daten gespeichert, weil sie eventuell irgendwann einmal zur Aufklärung einer Straftat von Belang sein _könnten_. Und das bedeutet, dass von jedem, der Telekommunikation betreibt, angenommen wird, dass seine Daten zur Aufklärung eben einer solchen Straftat von Wichtigkeit sein könnten - was im Umkehrschluss bedeutet, dass von jedem angenommen wird, er sei in irgendeiner Form in eine Straftat verwickelt. Alles andere ist Beschönigung des Faktes, dass hier eine verdachtsunabhängige, anlasslose Speicherung von Daten vorgenommen wird.

Die FDP, insbesondere natürlich die Justizministerin, die als eines der letzten liberalen Bollwerke der Partei gilt und gerade auch bei Datenschützern hohe Wertschätzung genießt, möchte sich anscheinend einerseits mit der Position "Wir wollen ja keine VDS, echt nicht" profilieren, zugleich will sie aber den bisher eher inoffiziell geltenden Zustand, dass viele Provider sowieso schon sieben Tage lang auch abrechnungsirrelevante Daten speichern, gesetzlich zementieren. Diejenigen, die in dem Offenen Brief gegen diesen Entwurf protestieren, haben insofern die Doppelzüngigkeit der Justizministerin klar offengelegt.