In 25 Jahren zum Passivhaus?

Schnelle Anfangserfolge bei der Gebäudesanierung sind nicht genug

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Heizenergieverbrauch deutscher Wohngebäude sinkt jedes Jahr im Schnitt um etwas mehr als vier Kilowattstunden pro Quadratmeter. Das ist das Ergebnis einer Auswertung des gemeinnützigen Energieberatungsportals co2online. Es hat dazu rund 1 Million Online-Energieberatungen der letzten 12 Jahre ausgewertet. Und zusätzlich eine Umfrage bei den Nutzern des online Ratgebers durchgeführt und gefragt, welche Maßnahmen zur energetischen Sanierung denn geplant und welche durchgeführt worden sind.

Seit 2001 betreibt co2online seinen Energiespar-Ratgeber und nutzt die Daten der anonymisierten Erfassung als Stichproben quer durch den Gebäudebestand mit all seinen Wohngebäudetypen und deren Energieverbrauch. Der Heizenergieverbrauch sank demnach kontinuierlich seit Einführung der Energieeinsparverordnung (EnEV) im Jahre 2002 bis 2010 von durchschnittlich 161 auf 126 kWh pro m² Wohnfläche. Diesen Trend fortgeschrieben wäre der Passivhausstandard bei Altbausanierungen in 25 Jahren erreicht. Der zukünftige Standard " Passivhaus" entspricht einem Heizenergiebedarf von 15 kWh/(m²*a), bei dem keine extra Heizung mehr erforderlich ist, sondern passive solare Gewinne durch die Fenster und die Abwärme von Bewohnern und Geräten für das Heizen ausreichen.

Doch leider gehts wohl nicht ganz so schnell. Denn erstens erfolgte mit dem Politikwechsel vor zwei Jahren ein Einbruch in die euphorische Aufbruchstimmung zu mehr Energieeffizienz bei Gebäuden. Eine der ersten Maßnahmen war damals der Stopp des Marktanreizprogramms für erneuerbare Energien und damit der Solarthermieförderung und -bewerbung. Einige Fehlentscheidungen wurden später teilweise wieder zurückgenommen aber teilweise mit kontraproduktiven neuen Anforderungen. So ist Solarthermie nur noch bei Kombianlagen zur Brauchwasser und Heizungsunterstützung förderfähig, was große zusätzliche Kollektorflächen für nur geringen Mehrertrag nötig macht und bei hochgedämmten Häusern und effizienten Heizungsanlagen wirtschaftlich kontraproduktiv sein kann. Auch weil die Aufklärungsarbeit fehlt leidet die Thermiebranche seitdem darunter dass ihr Potential nicht wahrgenommen wird.

Warum es so schnell nichts mit dem flächendeckenden Passivhausstandard werden wird zeigt die Befragung deutlich. Denn in 70 Prozent der Gebäude wurde nur jeweils eine Einzelmaßnahme durchgeführt. Sinnvolle Maßnahmenkombination in sehr viel selteneren Fällen. Umfassende Modernisierungen mit mehr als vier Maßnahmen wurden nur noch in 2 Prozent der Gebäude umgesetzt. Dass heißt in der Praxis, dass sich meist auf die Heizungsmodernisierung oder die Fassadendämmung oder den Fensteraustausch beschränkt wird - und danach viele Jahre nichts mehr kommt. Dabei müsste gerade im Altbaubereich mehr passieren. Denn die Neubauquote beträgt nur 1 Prozent pro Jahr und 75 Prozent der 40 Millionen Wohnungen in Deutschland stammen aus der Zeit vor der ersten Wärmeschutzverordnung von 1979. Bei den Altbauten liegt also das größte Einsparpotenzial im Wohngebäudebestand.

Und dann ist da noch der Klimawandel. Zumindest ein Teil der Heizenergieeinsparungen geht auf sein Konto, denn die Deutschen müssen auch deswegen weniger heizen, weil die Winter immer wärmer werden, seit 1970 im Durchschnitt um 1,3 °C - mit dem allgegenwärtigen Passivhaus wird es also noch einige Jahre länger dauern.

trendHeizenergieverbrauch.jpg

Bild: co2online