Voodoo-Erklärung für Erdbeben

Der republikanische TV-Prediger Pat Robertson spricht von einem Pakt mit dem Teufel

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Zehntausende Tote (der haitianische Regierungschef Bellerive befürchtet sogar hunderttausende), Millionen von Obdachlosen und Schlammlawinen, die nach Medienberichten "ganze Armenviertel an Abhängen in die Tiefe gerissen haben" - verheerende Katastrophen wie das Erdbeben von Haiti reizen Prediger des religiösen Heils zu metaphysischen Kommentaren. Das war auch beim Erdbeben in Lissabon im Jahre 1755 der Fall, das zum bedeutsamen Streit zwischen Theologen und Philosophen über die Frage führte, wie Gott der Allmächtige und Gütige ein derartiges Unglück zulassen konnte - zumal zu Allerheiligen und in einem streng gläubigen, katholischen Land. Berühmt wurde die Schrift des Aufklärers Voltaire "Poème sur le désastre de Lisbonne" aus dem Jahre 1756 (zur Katastrophe von Lissabon und ihrer Nachbearbeitung siehe den Telepolis-Artikel Als ob der jüngste Tag kommen sey...).

Diesmal tut sich ein amerikanischer Fernsehprediger hervor. Der bekannte und umstrittene Prediger Pat Robertson, Moderator der US-TV-Sendung "The 700 Club" und Gründer der Christian Coalition of America - schon in der Vergangenheit selten verlegen um bizarre Interpretationen von katastrophalen Ereignissen - lässt aktuell mit einer Bemerkung aufhorchen, die einen Pakt der Haitianer mit dem Teufel ins Spiel der Erklärungen und Kommentare zum verheerenden Unglück bringt:

"(...)etwas passierte vor langer Zeit in Haiti und die Bevölkerung mag vielleicht nicht gerne darüber reden. Sie befanden sich damals unter der Herrschaft der Franzosen, Napoleon, dem Dritten oder so. Und sie kamen zusammen und schwörten zum Teufel, sie schlossen einen Pakt. Sie sagten: 'Wir werden dir dienen, wenn du uns von den Franzosen befreist.' Eine wahre Geschichte - und so gab der Teufel zur Antwort 'OK, der Handel gilt!'. Und sie warfen die Franzosen aus dem Land. Wie Sie wissen, revoltierten die Haitianer und befreiten sich. Seither trifft die vezweifelten Armen ein Fluch nach dem anderen. Die Insel Hispaniola ist eine Insel, aber sie ist in der Mitte geteilt. Auf einer Seite befindet sich Haiti, auf der anderen Seite die Dominikanische Republik. Die Dominikanische Republik gedeiht, ist gesund und wohlhabend, voll von Touristen. Haiti bleibt in verzweifelter Armut. Die gleiche Insel. Sie brauchen Unterstützung und wir müssen für sie beten, dass sie sich Gott zuwenden und dieser Tragödie entkommen. Ich bin optimistisch, dass etwas Gutes dabei herauskommen könnte, aber jetzt helfen wir der leidenden Bevölkerung, das Leiden ist unvorstellbar."

Die Bemerkungen Robertsons hat zu einiger öffentlicher Aufregung in amerikanischen Medien und in der Öffentlichkeit geführt; neben der Kritik an der mittelalterlich geholzten "Strafe-Gottes"-Sichtweise wurden Robertson auch gravierende historische Fehler in seiner Ansprache vorgehalten.

Inzwischen ließ der Fernsehsender CBN, bei dem ein Video mit entsprechenden Redeauschnitten Roberts zu sehen ist, erklären, "dass Dr. Robertson niemals behauptet habe, dass das Erdbeben Gottes Zorn (i.O. God’s wrath war". Würde man sich das Video in gesamter Länge anschauen, dann würde Dr. Robertsons Mitgefühl für die Bevölkerung Haitis deutlich herauskommen. Er würde ja bloß zum Gebet aufrufen. Außerdem habe der humanitäre Zweig seiner Organisation bereits im vergangenen Jahr Tausenden von Haitianern geholfen und gegenwärtig würde man eine große Hilfsaktion mit Medikamenten im Wert von mehreren Millionen Dollar unternehmen. Auch seien Teams aus Katastrophenhelfern nach Haiti gesandt worden.

Solche Interpretionshilfen, die den Kern der Äußerungen nicht dementieren, sondern nur eine Brille liefern, um sie zu verharmlosen, begleiten traditionell Äußerungen Robertson, der schon viele Male in den Klimperkasten religiöser Angstvorstellungen gegriffen hat: 1976 und nochmals 1980 sagte er das Ende der Welt für Oktober/November 1982 voraus. Im Mai 2006 prophezeite er, dass die Küsten Amerikas noch im selben Jahr von tsunamigleichen Stürmen heimgesucht würden. Anfang Januar 2007 sagte er während der Sendung The 700 Club, dass Gott zu ihm gesprochen habe und "mass killings" in Folge terroristischer Angriffe auf die USA, vorhergesagt habe: "The Lord didn't say nuclear. But I do believe it will be something like that."