Hoffnung für geprellte Sparer in Spanien

Urteile zeigen auf, dass spanische Banken viele einfache Sparer über den Tisch gezogen haben

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Eine Richterin in der spanischen Kleinstadt Cambados hat Sparern in Spanien wieder Hoffnung darauf gemacht, an ihre Ersparnisse zu kommen. Olga Martín hat einen Vertrag für null und nichtig erklärt. Die "Novagalicia Banco" wurde dazu verurteilt, 7560 Euro plus Zinsen zurückzuzahlen. Dabei handelt es sich nicht um eine Provinzposse aus dem westspanischen Galicien. Das Urteil hat Signalwirkung für etwa 300.000 Sparer. Wegen der Bankenrettung mit bis zu 100 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsfonds bekommt der Fall europäische Bedeutung. Geschätzt wird, dass es um eine Gesamtsumme von etwa 30 Milliarden Euro geht und neue Löcher in Bilanzen spanischer Banken drohen.

Seit Jahren hatten die ihren Kunden komplizierte Produkte aufgeschwatzt oder sie schlicht damit betrogen. So lag der Fall von José Luis Castro Méndez. Der 50-Jährige wollte sein Geld jederzeit verfügbar anlegen. Die Sparkasse "Caixanova", die 2011 mit der "Caixa Galicia" zu der Bank fusioniert war, legte aber auch sein Geld in "Preferentes" an. Diese Hybridanleihen sind eine Mischung aus Anleihen und Aktien, mit denen Castro plötzlich an der abstürzenden Sparkasse beteiligt war. Diese komplexen Produkte sollten nach Vorgaben der Börsenaufsicht aber nur erfahrenen Anlegern, denen die Risiken bewusst sind, und nach eingehender Beratung verkauft werden. Weil die sie nicht kauften, wurden sie einfachen Kunden angedreht und oft ein bestehendes Vertrauensverhältnis missbraucht.

Wie im Fall Castros wurden bisweilen sogar Unterschriften gefälscht, wie das Urteil feststellt. So verwundert es nicht, wenn die verstaatlichte Bank am Montag erklärt hat, gegen das Urteil keine Rechtsmittel einlegen zu wollen. Ohnehin ging aus der vorgelegten Dokumentation hervor, dass die Preferentes mit einer "sofortigen Verfügbarkeit" beworben wurden. Dabei war im Kleingedruckten zu lesen, dass die Summe erst 2050 fällig werde und Zinsen nur fließen, wenn Überschüsse erwirtschaftet werden. Deshalb machte die Richterin deutlich, dass sie auch mit einer echten Unterschrift so geurteilt hätte, weil die Bank "betrügerisch" vorgegangen sei.

Es handelt sich um das erste Urteil gegen Novagalicia. Deshalb schöpfen viele Sparer nun Hoffnung, wieder an ihr Geld zu kommen. Die finanzielle Verantwortung liegt nun beim Staat, denn auch der massive Betrug konnte den Absturz der fusionierten Sparkassen nicht verhindern. Der Staat half 2011 mit fast vier Milliarden Euro an Steuermitteln aus und übernahm mehr als 90 Prozent der Aktien, doch nun benötigt die Bank weitere sechs Milliarden, die über die europäische Bankenrettung fließen sollen. Diese Summe könnte sich noch deutlich vergrößern, wenn die Bank das gesamt Geld zurückzahlt, das von Sparern in den Preferentes angelegt wurde.

Das Problem ist aber nicht auf Galicien beschränkt. Die abstürzende Großbank Bankia, die kürzlich verstaatlicht werden musste und 22,5 Milliarden Euro braucht, soll 92.000 Kunden die Hybridanleihen aufgeschwatzt haben. Anfang des Monats verurteilte ein Gericht im katalanischen Girona die viertgrößte Bank zur Rückzahlung von fast 30.000 Euro. Auch einem 78-jährigen ehemaligen Metallarbeiter wurden diese Anleihen aufgeschwatzt. Er erhielt dabei praktisch keine Informationen. Das Urteil stellt auch heraus, dass das Produkt so komplex war, dass es im Verfahren nicht einmal die Filialleiterin erklären konnte.

Der Galicier Castro hofft nun, dass auch sein Fall dazu beiträgt, Rechtssicherheit zu schaffen. "Doch bis ich mein Geld nicht zurückhabe, glaube ich diesen Leuten nicht", sagte er mit Blick darauf, dass die Novagalicia ihre Kunden um Verzeihung bittet. Derweil kommen immer abstrusere Fälle ans Licht. Kinder und Behinderte finden sich unter den Kunden dieser Anleihen. Die Caixanova verkaufte sie sogar an Analphabeten, die per Fingerabdruck unterschrieben . In besonders krassen Fällen sollten die Rückzahlungen im Jahr 3000 oder sogar erst 9999 erfolgen.

Nach Ansicht des Rechtsanwalts Pablo Rodríguez-Palmero Seuma, der Betroffene vertritt, werde der betrügerische Charakter der Verträge meist schnell deutlich. Er rät Betroffenen, den Rechtsweg zu gehen und keine Verhandlungen einzugehen. "Einige Banken bieten den Umtausch in andere Produkte an und das hat für die, die darauf eingegangen sind, einen Verlust von 50 Prozent bedeutet."

Doch die Zeit läuft den Betroffenen davon, denn massiver Verlust droht auch im Rahmen der Bankenrettung. Die Banken, die Geld aus der europäischen Bankenrettung erhalten, sollen ausgerechnet die Kleinanleger, die Preferentes besitzen, mit einem Verlust von mehr als 40 Prozent ihrer Einlagen an der Bankenrettung beteiligen. Das hat die konservative spanische Regierung vereinbart, obwohl der Wirtschaftsminister Luis de Guindos einräumt, dass diese Anleihen einfachen Sparern niemals hätten verkauft werden dürfen.