Zum Dschihad nach Syrien

Die tunesische Regierungspartei Ennahda hat Schwierigkeiten mit Salafisten

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Tunesiens Regierungspartei, Ennahda, gemeinhin als Partei moderater Islamisten bezeichnet, hat Schwierigkeiten mit Salafisten und radikalen Predigern, die in Moscheen zum heiligen Krieg in Syrien aufrufen.

In Sidi Bouzid, dem Ort, wo die Aufstände, die zum Sturz des Autokraten Ben Ali führten, ihren Ausgang nahmen, bedrohten radikale Salafisten am vergangenen Wochenende Besitzer von Bars, die Alkohol ausschenken, und Geschäftsleute, die Alkohol verkaufen, mit Gewalt. Ein Lager wurde in Brand gesetzt. Die Vorfälle fügen sich in eine ganze Serie von Übergriffen, mit denen Salafisten in den letzten Wochen versuchten, Kinos, Theater, Journalisten, Studentinnen und auch die jüdische Gemeinde in Tunesien einzuschüchtern.

Justizminister Noureddine Bhiri warnte heute, dass nun die roten Linien überschritten sei, die Zeit der Freizügigkeit sei lange vorbei. Er dulde keinen Staat im Staat, die Übeltäter würden streng bestraft werden, kündigte er an.

Zitiert wird der Justizminister von der Website Tunisialive auf Englisch mit den Worten „“The vacation is well, well over”. Damit räumt er ein, was Kritiker der Ennahda-Partei vorgeworfen haben, dass sie zu lax gegen Salafisten vorgegangen sind, die ihre religiösen Ansichten und Werte auf eine agressive Weise demonstrieren und aufdrängen. So gingen sie mit Androhung von Gewalt gegen den TV-Senderchef vor, der es „gewagt“ hatte, Persepolis auszustrahlen ( Zeichentrickfilm erbost Salafisten). Dass der Nessma-TV-Chef und nicht die gewaltbereiten Salafisten kürzlich von einem Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, ist von internationalen Beobachtern als düsteres Zeichen für den Status der Meinungsfreiheit in Tunesien gewertet.

Am Sonntag hatten Tausende von Salafisten, die sich unter dem Banner der Ansar al-Sharia vereinigen, bei einer Versammlung angekündigt, dass religiöse Gesetze im neuen Tunesien eine größere Rolle spielen sollten. Laut Medienberichten waren auf der Versammlung der „Hardliner“ Parolen zu hören, die Osama bin Laden feierten. Ein Sprecher der Versammlung rief zum Dschihad auf: "Every Muslim is a jihadist. Jihad is an obligation."

Die Aufrufe zum Dschihad sind ein Problem, wir suchen nach Lösungen, wurde ein Vertreter des tunesischen Ministeriums für religiöse Angelegenheiten in einem Bericht tags zuvor zitiert. Dort ist die Rede davon, dass etwa 400 der geschätzten 5.000 Moscheen in Tunesien in den Händen von radikalen Islamisten seien. Die Anzahl soll seit der Revolution gestiegen sein. Das Innenministerium zeigt sich besorgt darüber , dass in Moscheen zum Dschihad in Syrien gegen Baschar al-Assad aufgerufen werde. Allerdings lässt man nur verlauten, dass man dies genau beobachte; was die Regierung dagegen unternimmt, darüber schweigt Innenminister Ali Larayed.

"We deplore these young people going on misadventures. Some have been killed, others imprisoned and others continue to fight in Syria. We are watching these things closely."