Ein großer Beobachter und Humorist ist gestorben: Loriot

Außer Kontrolle

"Loriot" (V. von Bülow) ist gestorben. Mir persönlich wird er fehlen, denn sein Humor hatte noch nichts mit Fäkalien und Plumpheit zu tun.

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Es ist lange her, seit ich das erste Mal etwas von Loriot hörte oder sah. Doch es gibt so viele Klassiker, die ich nie vergessen werden. Egal ob die "wandernde Nudel" im Gesicht des Herrn bei der Verabredung mit der Herzensdame, die fasziniert auf die Teigware starrte, jedoch vor lauter Höflichkeit nicht wusste, wie sie den Herren darauf aufmerksam machen sollte; ob die zerstörte Wohnung nachdem nur das "schiefhängende Bild" zurechtgerückt werden sollte oder die Betrachtungen des Ehelebens - immer war es die feinsinnige Art von Loriot, die mich schallend lachen ließ, war sie doch fern von dem, was man heute Comedian nennt.

Ich kann mit den heutigen "Comedians" nichts anfangen (der "Comedian" aus "Watchmen" mal ausgenommen) - entweder sie sind vor lauter Eitelkeit strotzend nicht in der Lage, einen Witz zu machen, ohne selbst in "hähähä" auszubrechen oder breit zu grinsen weil ja das Publikum den manches Mal recht plumpen Witz goutiert; sie treten schon in einer penetranten Art und Weise auf, die zeigt, es geht nicht um humoristische Betrachtungen sondern um eine Nabelschau; sie beschränken sich auf plumpe Klischees oder Fäkalwitze oder dergleichen mehr.

Die Betrachtungen von Männern und Frauen eines Mario Barth und die eines Loriot sind Welten entfernt. Loriot hatte immer etwas Humoristisches, fernab von der bloßen "Witzischkeit", die keine Grenzen kennt, war er selbst nie der Mittelpunkt seiner Sketche, sondern die Handlung, es gab keine absurden Verkleidungen, kein Herumgehampel, sofern es nicht in direkter Verbindung mit der Handlung stand. Unvergessen sind für mich auch die Zeichentrick-Episoden, in denen das Paar die teilweise typischen Verhaltensweisen zeigte. Gerade dadurch, dass hier beide Personen in Zeichtentrickform zu sehen waren, wurde das Ganze entschärft, war nicht nur eine banale Klischeezuweisung, sondern eine detaillierte Betrachtung von Verhaltensweisen, die nicht zu einem hämischen "hähähä" führten, sondern eher zu einem nachdenklichen "ooops".

Die Dame des Hauses, die den Ehemann nicht "einfach nur sitzen" lässt, sondern dauernd Vorschläge zur Freizeitgestaltung macht, nur um schließlich genau dieses Vorschlagen als lästig anzusehen und es dem zufriedenen Gatten zum Vorwurf zu machen --- oder die Dame, die aus dem zu hart gekochtem Ei gleich eine Generalabrechnung mit den Jahren, in denen sie sich für den Mann "abrackert" macht... das waren Sketche, die ich nie wieder vergaß. Ebenso unvergessen blieb mir die Parodie auf die Durbridge-Krimis im Fernsehen: Die zwei Cousinen (mit E. Hamann).

Ich hoffe, dass es wieder solche Humoristen wie Loriot geben wird, denn Comedians haben wir schon genug.