Der Stipendien-Flopp

Nur 5.400 Studierende bekommen ein "Deutschland-Stipendium". Für das zuständige Bundesministerium ist das umstrittene Projekt trotzdem ein Erfolg

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es gibt derzeit eine Menge Probleme, um die sich Annette Schavan, die Bundesministerin für Bildung und Forschung, kümmern muss ( Plagiatsvorwürfe gegen Bildungsministerin Schavan). Offizielle Verlautbarungen, die von vorneherein kein positives Echo erwarten lassen, fallen deshalb schon mal in den Aufgabenbereich der untergebenen Staatssekretärin.

So auch die vorläufige Bilanz des mit viel Aufwand beworbenen Deutschland-Stipendiums, in dessen Genuss mittelfristig 160.000 Studierende kommen sollten. Das wären etwa acht Prozent der deutschen Nachwuchsakademiker.

"Das Deutschland-Stipendium kommt gut an"

Cornelia Quennet-Thielen, besagte Staatssekretärin, hatte nicht ganz so viele auf dem Zettel. 2011 seien 5.400 Stipendien vergeben worden, erklärte Quennet-Thielen gestern. Sie ließ sich durch das magere Ergebnis aber nicht aus der Ruhe bringen. Der offenkundige Flopp sei nämlich gar keiner, sondern ein sichtbares Zeichen erfolgreicher schwarz-gelber Bildungspolitik:

"Die Statistik belegt: Das Deutschland-Stipendium kommt gut an. (…) Wir stehen am Beginn einer neuen Stipendienkultur. Ich wünsche mir, dass noch mehr Hochschulen und potenzielle Förderer die Chancen des Deutschland-Stipendiums erkennen, damit möglichst viele jungen Menschen ihre Begabungen voll entwickeln können."

Außerhalb des Ministeriums wird die Sachlage seit geraumer Zeit ganz anders beurteilt. Der Versuch, Studierende mit 300 Euro pro Monat zu fördern, die zur Hälfte von den Hochschulen eingeworben und zur anderen Hälfte vom Bund bezuschusst werden, gilt als gänzlich untaugliches Mittel, die Studienfinanzierung auf eine solide Basis zu stellen und die sozialen Ungleichgewichte im deutschen Bildungssystem planvoll auszubalancieren.

Neben dem bürokratischen Aufwand bemängeln Kritiker vor allem die einseitige Konzentration auf (antizipierte) Studienleistungen und die Abhängigkeit der Einwerbung und Vergabe von regionalen Besonderheiten.

Tatsächlich kamen nun gleich im ersten Jahr weniger als 0,25 Prozent der Studierenden in den Genuss des Deutschland-Stipendiums. Ganz am Ende der Ländertabelle rangierte die Freie und Hansestadt Hamburg, in der lediglich 14 der insgesamt rund 80.000 Studierenden ein Deutschland-Stipendium bekamen.

Mit 300 Euro "voll aufs Studium konzentrieren"

Die Oppositionsparteien nahmen die Steilvorlage aus dem Hause Schavan bereits dankbar auf. Gerade einmal 1.276 der Stipendiaten seien BAföG-Empfänger, kritisierte der Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion im Haushaltsausschuss Klaus Hagemann. Bei der Begabtenförderung über die klassischen Studienförderwerke läge die Quote der BAföG-Berechtigten dagegen bei 60 Prozent.

Auch Kai Gehring, Sprecher für Hochschulpolitik bei Bündnis 90/Die Grünen, ließ kein gutes Haar an dem umstrittenen Deutschland-Stipendium:

"Unsichere Kurzzeit-Stipendien, die abhängen von Studienort, Studienfach und lokaler Stifterbereitschaft, gehen am Bedarf der Studierenden vorbei. (...)
Statt Elite-Stipendien braucht es dafür mehr Studienplätze, bessere Lernbedingungen und eine solidarische Studienfinanzierung."

Die amtierende Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen hat allerdings ganz eigene Vorstellungen, wenn es um die Finanzierung und die Kosten eines Hochschulstudiums in Deutschland geht:

"300 Euro im Monat: Damit erfahren die Stipendiatinnen und Stipendiaten eine echte Anerkennung ihrer Leistung und können sich voll aufs Studium konzentrieren."