Strafe mit sexuellen Untertönen

In diesen Tagen jährt sich eine der grausamsten Hinrichtungen der Geschichte zum 413. Mal

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Am 29. Juli 1600 fand vor dem Münchner Rathaus eine Hinrichtung statt, die Historiker zu den grausamsten der Weltgeschichte rechnen. Fest steht in jedem Fall, dass sie ungewöhnlich detailreich dokumentiert ist und recht bizarr wirkt. Zudem lässt sich nach heutigen Maßstäben kaum vom Nachweis einer Schuld der Hingerichteten sprechen, obwohl sie bis heute in Büchern über Serienmörder auftauchen.

Der Fall begann damit, dass ein als Dieb verurteilter Mann namens Geindl die später als "Pappenheimer" bekannt gewordene umherziehende Aborträumer- und Kesselflickerfamilie Pämb (oder Gämperle) beschuldigte, schwangere Frauen zu ermorden, um aus den ungetauften Föten Kerzen zu fertigen. Im Februar 1600 ergriffen Häscher des Amtmanns von Altmannstein die fünf Pämbs auf einem Markt in Tettwang und schafften sie ins niederbayerische Abensberg und später (auf Befehl des Hofrats von Herzog Maximilian I.) nach München. Dort wurde Hänsel (oder Hoel), dem jüngsten Sohn der Familie, im April ein Fragenkatalog vorgelegt, in dessen Rahmen man unter anderem wissen wollte, ob er bei seinen Eltern oder Brüdern abgeschnittene Kinderhände gesehen hatte. Als er dies verneinte, unterzog man ihn einer nochmaligen Befragung, die durch eine "Streichung mit Ruten" unterstützt wurde.

Dass das darauf hin folgende Geständnis nicht viel wert war, zeigt sich unter anderem daran, dass der 1590 geborene Junge behauptete, durch eine 1591 beobachtete Hinrichtung von der Zauberkraft von Kinderhänden erfahren zu haben. Die Ermittler störten solche Ungereimtheiten jedoch nicht weiter und sie nahmen das Geständnis zum Anlass, den Rest der Familie unter Einsatz von Feuer und Gewichten zu befragen. Die bekannten sich daraufhin praktischerweise zu einem großen Teil der ungelösten Raubüberfälle und Morde, die in den Jahren davor auf den damals sehr unsicheren Straßen und Wegen des Herzogtums geschehen waren.

Dies ist wahrscheinlich einer der Gründe dafür, dass man die Exekution selbst nach damaligen Maßstäben besonders grausam gestaltete: Die vier erwachsenen Delinquenten fuhr man dazu mit Karren zur Gerichtsschranne, wo glühende Holzkohle, Zwickzangen, und ein Korb zum Aufsammeln abgetrennter Körperteile auf sie warteten. Im Rahmen dieses ersten Teils der Bestrafung schnitten die Carnifexe der Mutter, Anna Pämb, die Brüste ab und steckten sie ihr erst in den eigenen Mund und dann in den ihrer beiden älteren Söhne Michel und Gumpprecht. Den Vater Paulus brachen die Henker die Knochen mit einem Rad. Anschließend pfählten sie ihn durch den Anus. Zuletzt verbrannte man die noch lebenden Vier ohne die sonst in der ganz überwiegenden Zahl der Hinrichtungen übliche vorherige Erdrosselung oder Enthauptung.

Mit ihnen dem Feuer übergeben wurden auch Ulrich Schölz, ein weiterer Beschuldigter, und Georg Schmälzl, ein Schneider aus Prunn, der es gewagt hatte, eine Bittschrift für die Familie zu verfassen, worauf man ihn umgehend verhaftete. Zu all dem sang eine große Zuschauermenge fromme Lieder und die Kirchenglocken läuteten. Auch Hänsel, den mittlerweile elfjährigen Jüngsten, zwang man zum Zusehen und hielt seine Reaktionen schriftlich fest. Er wurde erst im Dezember 1600 zusammen mit sechs weiteren angeblichen Komplizen der Familie hingerichtet.