In der Asse soll zehn Mal mehr mittelradioaktiver Atommüll lagern

Es gibt Hinweise darauf, dass 14.000 der im Salzstock gelagerten Fässer falsch als schwachradioaktiver Müll deklariert wurden

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Dass unglaubliche Zustände im sogenannten "Versuchsendlager" Asse herrschen (siehe dazu Unglaubliche Zustände in Atomendlagern), ist wahrlich keine Neuigkeit mehr. Immer neue haarsträubende Geschichten kommen aus dem absaufenden und einstürzenden Salzstock ans Tageslicht. Längst kann man von einem Supergau in der Endlagerfrage sprechen, der immer größer wird. Das liegt aber nicht am Giftmülloder an Tierkadavern, die man auch im Salz vergraben hat, sondern weil auch hochradioaktiver Müll im dem Bergwerk lagert und es nun Hinweise darauf gibt, dass im großen Stil Atommüll umdeklariert wurde.

Bisher war schon klar, dass Atommüll aus ganz gewöhnlichen Atomkraftwerken von EnBW, RWE und Vattenfall über das Forschungszentrum Karlsruhe umgeleitet wurde. Obwohl dort nichts mit dem strahlenden Dreck geschah, war es plötzlich Forschungsmüll. Damit war er geeignet dafür, um in der Asse versenkt zu werden. Doch damit nicht genug, sind wohl 14.000 der 126.000 Fässer, die in dem Salzstock lagern sollen, als schwachaktiver Atommüll deklariert worden, obwohl sie mit mittelradioaktivem Müll gefüllt sein sollen.

Und wieder war offensichtlich das Kernforschungszentrum Karlsruhe im Spiel. Das geht aus einem heut vorgelegten Zwischenbericht der Grünen im niedersächsischen Landtag zum Asse-Untersuchungsausschuss (siehe Bundeskanzleramt verwehrt Asse-Untersuchungsausschuss Akteneinsicht) des Parlamentes hervor, der vor einem Jahr eingesetzt wurde. Schwächer strahlt der Müll nur nach außen, weil die Fässer mit einer dicken Ummantelung aus Beton versehen worden seien und man den Müll somit zu schwachaktiven Abfällen deklariert habe.

In dem Bericht heißt es:

"Offiziell wurden etwa 1300 Fässer mit mittelradioaktiven Abfällen (MAW) in der Asse eingelagert. Die tatsächliche Menge ist mehr als zehn Mal größer, denn etwa 14.000 Fässer mit angeblich schwachaktivem Abfall (LAW) enthielten tatsächlich MAW aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe, der durch dicke Ummantelung mit Beton wundersamerweise zu LAW wurde."

In dem Bericht werden Zweifel am "tatsächlichen radioaktiven Inventar" in der Asse geäußert. "Sowohl das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als auch eine Arbeitsgruppe des Bundesforschungsministeriums überprüfen das eingelagerte radioaktive Material derzeit aufgrund der vorliegenden Begleitpapiere." Ergebnisse hätten beide Institutionen aber noch nicht vorgelegt. Der Bericht weist noch einmal darauf hin, dass 90% des Atommülls aus normalen Atomkraftwerken stamme und damit das Lager als Endlager missbraucht wurde. Die Kosten für die Stilllegung und Sanierung, die etliche Milliarden verschlingen wird, wurden aber mit einer Novelle des Atomgesetzes schon auf die Steuerzahler abgewälzt.

Die Grünen machen sich auch über Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) und andere Verantwortliche lustig. "Asse kaputt? Sandi passt auf alles auf", ist der Titel eines Bilderbuchs. Damit spielen die Grünen auf viele "märchenhafte Erzählungen" bei den Zeugenvernehmungen im Ausschuss an.

Obwohl die Entsorgungsfrage auch nach Jahrzehnten weiter nicht gelöst ist und sich schon jetzt die Skandale um das geplante Endlager in Gorleben häufen, will die gebeutelte schwarz-gelbe Koalition die Laufzeiten der Atommeiler verlängern.