Mathematische Fakultät der TU München kündigt alle Elsevier-Zeitschriften

Boykott des Oligopolisten gewinnt an Fahrt

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Der auf Wissenschaft spezialisierte Verlag Elsevier wurde schon vor fast zehn Jahren von Rechtswissenschaftlern auf Veranstaltungen des Bundesjustizministeriums als Musterbeispiel dafür genannt, was im Immaterialgüterrecht falsch läuft. Ihre Monopolrenditen von 40 Prozent erwirtschaften Verlage wie Elsevier nämlich dadurch, dass sie wissenschaftlichen Bibliotheken Zeitschriftenabonnements verkaufen – und zwar nur in Bündeln und mit regelmäßig exorbitanten Preissteigerungen. Die Zeitschriften dafür werden von Wissenschaftlern herausgegeben, die für diese Arbeit im allgemeinen ebenso wenig Geld bekommen wie die meist an Universitäten beschäftigten Verfasser und diejenigen, die die Beiträge im Peer-Review-Verfahren lesen und beurteilen.

Dass für Steuerzahler und Studenten extrem teure Überbleibsel wie Elsevier in Zeiten elektronischer Publikationsmöglichkeiten nicht längst Geschichte ist, verdanken die Verlage nicht nur ihrer Lobbyarbeit für Immaterialgüterrechtsänderungen, sondern auch einer bürokratischen Unbeweglichkeit des Wissenschaftsbetriebes, an der sich seit kurzem aber etwas zu ändern scheint. Grund dafür ist Elseviers (mittlerweile zurückgezogener) politischer Einsatz für den Research Works Act, der Open-Access-Veröffentlichungsmöglichkeiten einschränken soll.

Er löste im Januar eine Boykotterklärung aus, der sich in kürzester Zeit zahlreiche der fähigsten Mathematiker der Welt anschlossen, darunter auch Timothy Gowers und Tyler Neylon. Im Februar war die Zahl Mathematiker, die nur noch anderswo publizieren wollen, bereits über 5.000 angestiegen. Nun gab die Mathematik-Fakultät der Technischen Universität München bekannt, "alle abonnierten Elsevier-Zeitschriften ab 2013 abzubestellen". Als Grund dafür nennt sie "unzumutbare Kosten und Bezugsbedingungen".

In der Vergangenheit hatte Elsevier auf Abokündigungen damit reagiert, dass der Verlag einfach die Preise für die anderen Abonnements so lange erhöhte, bis die Monopolrendite wieder stimmte. Ob das auch diesmal wieder klappen wird, ist nicht sicher: Nach einem Skandal vor drei Jahren steht der Name Elsevier heute bei weitem nicht mehr in dem Ausmaß wie früher für Qualität - und irgendwann könnte die kritische Masse erreicht sein, ab der weitere Preiserhöhungen eine Abokündigungs-Kettenreaktion in Gang setzen.