Atomkraftgegner im Aufwind

In Baden-Württemberg beteiligten sich viele an der Menschenkette, hier könnte das Thema AKW wahlentscheidend werden

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Während manche bereits vermuten, dass in einem der Reaktoren des japanischen AWK Fukushima die Kernschmelze begonnen hat und sich damit eine nukleare Katastrophe anbahnt, haben Zehntausende von Menschen in Baden-Württemberg eine Menschenkette aus Protest gegen die Laufzeitverklärung der AKWs in Deutschland gebildet. Durch die Explosion war offenbar nicht der Mantel des AKW beschädigt, sondern "nur" das Dach weggesprengt worden. Versucht werden soll jetzt, den Reaktor mit Meerwasser zu kühlen.

Die schwarz-gelbe Regierung hatte die Risiken, die mit AKWs, besonders mit den Uraltmeilern in Deutschland, verbunden sind, klein geredet, um die Laufzeitverlängerung zugunsten der großen Energiekonzerne und für die eigene "Klimapolitik" durchzusetzen. Das könnte sich nun kurz vor den Wahlen in Baden-Württemberg als entscheidend erweisen und den Grünen und der SPD den notwendigen Vorsprung verschaffen – die Oppositionspolitiker nutzen die Gelegenheit, Kritik an der Laufzeitverlängerung zu üben. Auch wenn das Schlimmste in Japan noch verhindert werden könnte, dürfte nun wieder jede klar geworden sein, dass AKWs ein hohes Risiko darstellen.

Zwar dürfte eine Kernschmelze im japanischen Reaktor, wie Umweltminister Röttgen versichert, keine Gefahren für Deutschland mit sich bringen, aber die Regierung ist aus guten Gründen verunsichert und hält heute Abend einen Krisengipfel. Derweil hat das japanische Unglück mehr Menschen an der Menschenkette teilnehmen lassen, als die Veranstalter zunächst erwartet hatten. Zudem ging die Menschenkette über 45 km zwischen dem Regierungssitz in Stuttgart ausgerechnet zu dem AKW Neckarwestheim in Baden-Württemberg, das auch als erdbebengefährdet und ebenso wie Philippsburg 1 als nicht sicher gilt. Eine automatische Abschaltung, das hat sich in Japan gezeigt, muss noch keinen Schutz bieten.

Die Veranstalter (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, Campact, Robin Wood und die NaturFreunde Deutschlands) berichten von 60.000 Teilnehmern an der Menschenkette, andere Schätzungen gehen von 40.000 aus. Auch die Veranstalter nutzen die Gelegenheit, für einen sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft zu werben: "In Japan hat sich wieder einmal bestätigt, wie unbeherrschbar und gefährlich Atomenergie ist. Deshalb steigt die Empörung über die Atompolitik, weil die Regierung unbeirrt an der Risikotechnologie festhält", so sagte der Sprecher von .ausgestrahlt Jochen Stay. "Angela Merkel und Stefan Mappus werden merken: Wer Laufzeiten verlängert, verkürzt seine Regierungszeit."

Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag des Focus kommen in Baden-Württemberg CDU (39%) und FDP (7%) auf 46 Prozent, während SPD (24%), Grüne (20%) und Linke (5%) 49 Prozent erzielen könnten.