USA hinterlassen im Irak einen Scherbenhaufen

Gerade hat die US-Regierung das Ende des Einsatzes verkündet, verstärken sich auch schon die Rivalitäten zwischen Schiiten und Sunniten

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Die US-Regierung hat den Irak-Krieg für beendet erklärt und würde es vorziehen, still und ohne allzu große Aufmerksamkeit das Kapitel abzuschließen, das Bush und Konsorten den USA eingebrockt haben.

Mit falschen Behauptungen haben sie schon Tage nach dem 11.9. 2001 geplant, den Diktator zu stürzen, um Zugriff auf die großen Ölressourcen des Landes zu erhalten und ein wenig unabhängiger von Saudi-Arabien zu werden. Erwartet wurde ein kleiner und billiger Krieg, durch den die Massen der Befreiten pro-amerikanisch würden und man nicht nur schnell ein demokratisches Vorbildland in den Region einrichten könnte, sondern die USA mitsamt der "Koalition der Willigen" durch den Wiederaufbau auch viel Geld einnehmen sollten.

Aus diesen Träumen wurde bekanntlich trotz des vorschnell verkündeten "Mission accomplished" ein politisches und vor allem auch finanzielles Fiasko, das aber mit dem von US-Präsident versprochenen und nun vollzogenen Abzug der Truppen längst nicht beendet ist. Wie von Kritikern vorhergesagt, hat der Einmarsch der Amerikaner die Region instabil gemacht und vor allem den "Schurkenstaat" Iran, den man neben Irak und Nordkorea zur "Achse der Bösen" zählte, weiter gestärkt.

Während der Zugriff auf das irakische Öl weiter zu wünschen lässt, vertiefen sich die Konflikte zwischen den irakischen Bevölkerungsgruppen. Am Donnerstag erst hat die US-Regierung das Ende des Einsatzes verkündet. Die letzten Kampftruppen sind inzwischen abgezogen worden. Die Regierungen hatten keinen Deal gefunden, um eine weitere Truppenpräsenz der Amerikaner zu ermöglichen. Die irakische Regierung wollte oder konnte den USA keine Immunität für die Truppen gewähren, das aber wäre für die US-Regierung unabdingbar gewesen, um Soldaten zur Ausbildung der irakischen Truppen und zur Bekämpfung von Aufständischen im Land zu lassen.

Dass ohne die militärische Präsenz der USA das Land ins Chaos und in einen Bürgerkrieg geraten wird, zeichnet sich nun bereits ab. Zu unterschiedlich sind die Interessen der Schiiten, Sunniten und Kurden, die Besatzungsmacht hat sich, ähnlich wie in Afghanistan, auch höchstens darum bemüht, einen scheinbar demokratischen Prozess zu installieren und in den letzten Jahren verstärkt darauf gesetzt, die Bedingungen so zu halten, dass man einigermaßen aufrecht abziehen kann, ohne zuzugestehen, einen Scherbenhaufen zu hinterlassen. Gerade hatte Verteidigungsminister Panetta noch betont, dass die Ergebnisse des Kriegs den Einsatz wert waren.

Eben einen solchen Scherbenhaufen aber hat man hinterlassen. Schon zirkulieren Gerüchte, dass schiitische Sicherheitskräfte, die dem Regierungschef al-Maliki treu sind, den sunnitischen Vizepräsidenten Tariq al-Hashimi festnehmen wollen, um ihn des Terrorismus zu bezichtigen. Nach dem Sender al-Arabiya gibt es einen Haftbefehl. Die Schiiten stellen die Bevölkerungsmehrheit im Irak und wurden vom sunnitisch dominierten Hussein-Regime unterdrückt. Auch andere sunnitische Politiker, deren Häuser von Panzern umstellt wurden, sollen möglicherweise festgenommen werden, so die Washington Post. Al-Maliki verlangt nun von dem Parlament, dem sunnitischen Abgeordneten Saleh al-Mutlak das Vertrauen zu entziehen. Der hatte gegenüber dem CNN al-Maliki als "Diktator" bezeichnet. Bei den letzten Wahlen hatte der Block von Allawi die Mehrheit der Stimmen erhalten, al-Maliki hat sich trickreich an der Macht gehalten, die Amerikaner drängten auf eine Regierung der nationalen Einheit, die schließlich auch zustande kam, aber nun wieder zu zerfallen droht..

Die sunnitischen Parteien der von Allawi geführten Formation al-Iraqiya haben sich bereits am Samstag aus Protest gegen das "diktatorische" Verhalten von al-Maliki aus dem Parlament zurückgezogen, sunnitische Minister wollen ihre Ämter niederlegen. In der Provinz Diyala, die mehrheitlich von Sunniten bewohnt wird, ist die Regierung bereits untergetaucht, nachdem sie regionale Autonomie nach der Verfassung gefordert hatte, aber dann von schiitischen Milizen bedroht wurde.