Roche gibt Bankrotterklärung in der Aidsforschung ab

Der Pharmakonzern glaubt, auf diesem Gebiet nichts Profitträchtiges mehr finden zu können

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Der Pharmakonzern hat angekündigt, künftig nicht mehr im Bereich der HIV-Erkrankungen forschen zu wollen. Die Entscheidung stärkt Kritiker der Industriestaatenpolitik der letzten Jahrzehnte, die Forschungsaufgaben durch großzügig gewährte Monopolrechte an private Konzerne übertragen wollte. James Love, Sprecher der Bürgerrechtsgruppe Knowledge Ecology International (KEI) erklärte gegenüber der Presse, die Forschungsbankrotterklärung Roches sei ein Symptom für "den Mangel an Produktivität der Unternehmensgruppen, die in diesem Bereich tätig sind". Was die Konzerne in der Aids-Forschung geleistet hätten, sei, so Love, vor allem in jüngster Zeit "nicht sehr beeindruckend".

Untersuchungen ergeben seit geraumer Zeit relativ übereinstimmend, dass die Konzerne die ihnen von der Politik geschenkten Monopolrenditen weniger in Forschungsaufwendungen investierten, als in Anwälte, mit denen sie um die lukrativen Monopolrechte kämpfen. Wie umfassend die Politik der Aufgabenübertragung durch Monopolrechte scheiterte, zeigt unter anderem die Geschichte des berühmtesten Anti-Aids-Medikament AZT: Jerome Horowitz synthetisierte das Medikament bereits 1964 mit einem Forschungsstipendium des staatlichen National Institute of Health (NIH). Eine Glaxo-Tochter kaufte ihm die Formel ab, um sie als Medikament für Katzen einzusetzen. 1984 wurde der HIV-Virus in einem Labor des NIH entdeckt. Das staatliche Labor startete einen Rundruf an alle Pharmafirmen, damit diese Proben ihrer Anti-Retrovirus-Medikamente abgeben sollten und investierte einige Millionen in Tests mit diesen Medikamenten. Nachdem erste Tests vielversprechende Ergebnisse mit AZT ergeben hatten, forderte das NIH Glaxo auf, das Medikament weiter zu testen – doch der Pharmakonzern weigerte sich. Jetzt führte Hiroaki Mitsuyama am NIH mit einer Menge öffentlicher Gelder die Tests zuende.

Als das NIH schließlich Glaxo Wirksamkeit des Medikaments bei Aids mitteilte, reagierte der Konzern und meldete ein Patent auf das Medikament an – ohne die Arbeit der Regierungsstellen überhaupt nur zu erwähnen. Anfang des 21. Jahrhunderts verkaufte Glaxo das Medikament für das zwölffache der Herstellungskosten. Nach öffentlichen Protesten ließ sich der Konzern dazu herab das Medikament in Afrika "nur" für das dreifache der Herstellungskosten zu verkaufen – der gleiche Preis zu dem auch brasilianische Generika-Hersteller das Medikament anboten.