Klimaveränderung kann Ursache für Erdbeben sein

Wissenschaftler wollen erstmals herausgefunden haben, wie verstärkte Monsunniederschläge im östlichen Himalaya die Bewegung der indischen Platte verändert haben

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Dass geologische Prozesse sich auf das Klima auswirken können, ist bekannt und leicht verständlich, zumal wenn es sich um große Veränderungen wie eine Gebirgsbildung oder um eine Kontinentalverschiebung handelt. Aber auch Vulkanausbrüche können das regionale und globale Klima zeitweise beeinflussen. Die Geologen Giampiero Iaffaldano von der Australian National University, Hans-Peter Bunge von der LMU München und Laurent Husson von der Universität Nantes haben nun erstmals anhand von Computermodellen zeigen können, dass klimatische Veränderungen sich auch umgekehrt auf die Bewegung der Kontinentalblöcke auswirken, so dass es hier zu geologisch-klimatischen Feedback-Mechanismen kommen kann.

In ihrer Studie, die in der Zeitschrift Earth and Planetary Science Letters (Volume 304, Issues 3-4, 15 April 2011, Pages 503-510) erschienen ist, haben sie eine Verbindung zwischen der Bewegung der indischen Kontinentalplatte während der letzten 10 Million Jahre und der Zunahme des indischen Monsuns zur selben Zeit festgestellt.

Bislang hatte man die Intensivierung des Monsuns darauf zurückgeführt, dass die tibetische Platte sich so hoch hochgeschoben hatte, dass sie als Wärmequelle wirkte und die nördlichen Winde blockierte. Modelle der atmosphärischen Zirkulation haben aber gezeigt, dass der Himalaya wohl selbst als Barriere gewirkt und den Monsun verstärkt hat. Andere Untersuchungen haben ein komplexeres Bild entstehen lassen, schreiben die Wissenschaftler. Nach Analysen der Sedimente in den Meeren gab es ein Erosionsmaximum vor 15-10 Millionen Jahren, das bis zum Pleistozän kontinuierlich abnahm, bis die Erosion die heutigen Werte annahm.

Das führte die Wissenschaftler zu der Hypothese, dass die nachgewiesenen stärkeren Monsunniederschläge eine erhöhte Erosion des östlichen Himalaya bewirken und so die Topographie des Gebirges formten. Aber eben nicht nur die, denn Veränderungen der Energie, die in den dicken Erdkrusten der Gebirge steckt, kann sich auch auf die Kontinentalplatten auswirken. So hatte vor vier Millionen Jahren das Hochland von Tibet durch die Konvergenz der indischen mit der eurasischen Platte etwa seine gegenwärtige größte Höhe erreicht. Die Monsunniederschläge, so die These, haben durch die von ihnen verursachte Erosion schließlich so viel Material im Osten des Himalaya abgetragen, dass sich durch den geringeren Druck der Gebirgsmasse eine Gravitationsverschiebung ergibt, die sich auf die gegen den Uhrzeigersinn erfolgende Bewegung der indischen Platte auswirkt. Mit der Zunahme der Monsunniederschläge, so die Wissenschaftler, verstärke sich die westlich gerichtete Kreisbewegung der indischen Platte um etwa 8 mm im Jahr. Auch die Dynamik der anderen Platten decke sich mit dieser relativ konstanten Drehung.

Giampiero Iaffaldano von der ANU Research School of Earth Sciences sieht die Bedeutung der von ihm und seinen Kollegen vorgelegten Studie darin, dass erstmals gezeigt werden konnte, wie langfristige Klimaveränderungen sich auf die Bewegung der Kontinentalplatten auswirken können. Die Plattentektonik aber hat auch wieder Auswirkungen auf die Entstehung von Erdbeben, so dass diese auch mit langfristigen Klimaveränderungen zusammenhängen können: "Um das seismische Potenzial der Plattengrenzen zu verstehen, ist es wichtig, alle möglichen Faktoren zu erkennen, die die Bewegung von Platten in der Vergangenheit verändert haben", so Iaffaldano. "In dieser Hinsicht haben wir entdeckt, dass der Klimawandel tatsächlich ein möglicher Kandidat sein kann, was wir bislang nicht in Betracht gezogen haben."