Schavan: "Ich habe meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen erstellt"

Die Wissenschaftsministerin scheint weiterhin den Vorwurf aussitzen zu wollen, in ihrer Doktorarbeit getäuscht zu haben, und einer drohenden Aberkennung schon mal vorzubeugen

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Die deutsche Wissenschaftsministerin Annette Schavan und die Vertraute von Merkel scheint weiterhin auf das Aussitzen zu setzen. Schavan soll in ihrer Doktorarbeit ausgerechnet zum Thema "Person und Gewissen" Zitate nicht ausreichend gekennzeichnet haben. Stefan Rohrbacher, der dem Promotionsauskommission der Universität Düsseldorf vorsteht, wo Schavan 1980 ihren Doktor machte, hatte ihr in seinem Gutachten "leitende Täuschungsabsicht" vorgeworfen. Das heißt, er stellte nicht Schlampigkeit oder Nichtwissen fest, sondern bewussten begangene Täuschung.

Schavan hatte mitunter durch Umschreiben das Plagiieren zu verbergen versucht, stolperte aber dabei darüber, dass sie dann gelegentlich sinnentstellend falsche Begriffe verwendete. Zudem scheint es so, dass sie vorgab, Primärliteratur zu rezipieren, während sie oft nur Sekundärliteratur heranzog, was für eine Wissenschaftlerin alleine schon entlarvend wäre.

Der Promotionsausschuss wird am 22. Januar entscheiden, ob ein Verfahren zur Aberkennung des Titels eingeleitet wird. Angeblich stehen die Mitglieder der Kommission hinter Rohrbacher und seinem Gutachten. Das könnte sich auch daran zeigen, dass trotz des hohen politischen Drucks, das der Universität und der Kommission entgegenschlug, kein zweites Gutachten bestellt wurde.

Schavan kämpft bislang vor allem auf einem Nebenschauplatz. Der Inhalt des Gutachtens, das für die Kommission vertraulich erstellt wurde, war an die Öffentlichkeit gelangt. In der Welt wirft sie der Universität Düsseldorf vor, das Gutachten geleakt und nicht auf die notwendige Diskretion geachtet zu haben. Für sie ist das angeblich der Grund, nicht zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen: "Deshalb habe ich in der Öffentlichkeit im Wesentlichen geschwiegen und werde das auch weiterhin tun", erklärte sie, während sie schon fast kindlich trotzig "die Universität" rügt: "Wenn die Universität es anders handhabt, gilt: Jeder trägt Verantwortung für das, was er öffentlich sagt."

Ministerin will sie auch in der nächsten Legislaturperiode bleiben, drohte sie und führte narzisstisch oder eher realitätsverleugnend an, dass sie "ungewöhnlich viel Ermutigung und Unterstützung in der Wissenschaft, der Politik und einer breiten Öffentlichkeit" erfahre. Die Unterstützung, die ihr durch ihr Amt zuteil wird, würde schnell schwinden, sollte ihr der Doktortitel entzogen werden. Dann wäre sie auch als Ministerin nicht mehr haltbar. Entsprechend Druck macht bereits SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, die möglicherweise klug ihre Promotionspläne nicht weiter verfolgt hatte, nachdem sie 2005 erneut in den Bundestag gewählt wurde. Der Bild am Sonntag sagte Nahles: "Wenn sie das wissenschaftliche Handwerk nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat, muss sie Konsequenzen ziehen."

Besser wäre freilich, sie würde schon jetzt die Konsequenzen ziehen, schließlich wird selbst dann, wenn ihr der Titel nicht abgesprochen wird, etwas an ihr hängen bleiben, weil sie nicht umsonst in die Schusslinie geraten ist, wie jeder auf Schavanplag selbst nachprüfen kann, und weil dann der Verdacht bliebe, dass womöglich der Druck auf die Universität zu groß gewesen sein könnte. Schavan hält sich schon eine Hintertüre offen, sollte der Promotionsausschuss das Gutachten bestätigen. Der Welt sagte sie, nicht ganz schweigend, wie sie vorgab: "Ich habe meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Deshalb weise ich die Vorwürfe entschieden zurück." Etwas nach "bestem Wissen und Gewissen" gemacht zu haben, kann auch heißen, es eben angeblich damals nicht gewusst zu haben, wie man wissenschaftlich korrekt zitiert. Aber es wäre für eine Wissenschaftsministerin vermutlich keine gute Ausrede. Sie sollte zumindest den Mut haben, Unzulänglichkeiten einzuräumen, anstatt dem Ritual des Leugnens zu folgen, bis dies nicht mehr geht.