US Supreme Court erlaubt standardmäßige DNA-Speicherung bei Festnahmen

Vier der neun Richter sehen in der ohne richterliche Anordnung durchgeführten Maßnahme einen Verfassungsverstoß, fünf nicht

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In 28 der 50 US-Bundesstaaten wird von Personen, die von der Polizei festgenommen werden, standardmäßig eine DNA-Probe genommen und gespeichert. Ein Gericht in Maryland bewertete diese Prozedur als illegal, weil dafür kein richterlicher Beschluss eingeholt wurde. Der Fall ging bis zum Obersten Gerichtshof in Washington, der diese Woche verkündete, dass das Vorgehen mit dem vierten Verfassungszusatz vereinbar sei, der US-Bürger unter anderem vor willkürlicher Durchsuchung schützt. Mit fünf zu vier stimmen fiel die Entscheidung dafür allerdings sehr knapp aus.

Für das Urteil votierten die Richter Anthony Kennedy, John Roberts, Samuel Alito, Clarence Thomas, Stephen Breyer. Kennedy, der den Text abfasste, verglich den Eingriff mit älteren erkennungsdienstlichen Maßnahmen wie der Abnahme von Fingerabdrücken, der Anfertigung von Karteifotos und dem Abgleich von Tätowierungen mit Gang-Symbolen, die sich Verdächtige zur Aufklärung von Verbrechen ebenfalls ohne richterliche Anordnung gefallen lassen müssten.

Der für eine enge Auslegung der Verfassung bekannte Richter Antonin Scalia brachte in seiner abweichenden Meinung die Befürchtung zum Ausdruck, dass das Urteil der Polizei sehr viel mehr Macht verleiht, als sie bisher hatte und haben sollte. Er kritisierte unter anderem, dass die DNA-Daten ohne Rücksicht auf Deliktschwere und Schuld oder Unschuld in einer landesweit abrufbaren Datenbank gespeichert werden.

Für Europa entschied der Straßburger Menschenrechtsgerichtshof vor fünf Jahren, dass die Speicherung von Fingerabdrücken und DNA-Proben von Verdächtigen, die nicht verurteilt wurden, gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Weil bei der DNA-Entnahme in Großbritannien Kriterien wie das Alter der Beschuldigten oder die Schwere der Vergehen nicht berücksichtigt wurden, erkannte das Gericht ein grobes Missverhältnis in der Abwägung privater und öffentlicher Interessen. Aus diesem Grund sah es auch einen Verstoß gegen Artikel 8 der Charta der Menschenrechte vorliegen, der unter anderem die Privatsphäre sichern soll. Der Schutzbereich dieser Vorschrift eröffnet sich nach Ansicht des Gerichts explizit auch dann, wenn es um DNA-Proben geht, weil diese Informationen über die Gesundheit eines Menschen enthalten.