Kinder haben einen starren Nachahmungs-Automatismus

Auch Unsinniges wird von Kndern bis ins Detail nachgeahmt, was Wissenschaftler "Überimitation" nennen.

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Menschen lernen vieles durch Nachahmung. Kinder machen ihren erwachsenen Vorbildern Handlungen nach, um Neues zu lernen. Das muss keineswegs immer "positiv" sein, zumal auch Unsinniges imitiert wird, wie Psychologen der Yale University beobachtet haben. Offenbar findet teilweise auch Nachahmung wider besseren Wissens statt, was vermuten lässt, dass das Lernprogramm relativ starr ist. Die Psychologen sagen, dass Kinder dazu neigen, zu "überimitieren", wenn sie unnötige Handlungen auch dann nachahmen, wenn ihnen zuvor gesagt wurde, dass sie dies nicht brauchen, oder sie unter Zeitdruck stehen. Diese Übererfüllung der Nachahmung unterscheidet Kinder etwa auch von Schimpansen. Jede Einzelheit für bedeutungsvoll zu erachten, könnte einer der Gründe für den Lernerfolg der Menschen sein.

Für ihre Studie ( The hidden structure of overimitation, erschienen in den Proceedings of the National Academy of Sciences) ließen die Wissenschaftler drei- bis fünfjährige Kinder beobachten, wie Erwachsene beispielsweise eine Dinosaurierfigur, die sich in einer durchsichtigen Plastikschachtel befand, aus dieser herausholten. Dabei führten sie unnötige Handlungen aus, beispielsweise berührten sie den Deckel der Schachtel erst einmal mit einer Feder, bevor sie diese öffneten. Jeder Schritt wurden mit den Kindern durchgesprochen. Sie sollten sagen, welche Handlungen notwendig und welche überflüssig waren, um die Schachtel zu öffnen, und sie bekamen dies auch erklärt, damit sie die Unterscheidung lernen. Bei den Tests zeigten die Versuchleiter wieder, wie sie anderes Spielzeug aus ähnlichen Plastikbehältern wieder mit einigen unnötigen Handlungen herausholten. Dann wurde das Spielzeug wieder eingepackt. Der Versuchsleiter ging aus dem Zimmer und sagte zuvor den Kindern, dass sie auch die Spielzeuge herausholen und dies so machen können, wie sie wollen.

Die Kinder ahmten dabei überwiegend die unnötigen Handlungen unabhängig vom Alter und der kognitiven Unterscheidungsfähigkeit nach, während einer Kontrollgruppe, die ohne erneute "Vorführung" die Schachteln mit den neuen Spielzeugen auspacken konnten, dies nicht machten. Die Nachahmung der unnötigen Handlungen erfolgte dabei meist bis in Einzelheiten hinein, auch wenn es einige stilistische Abweichungen gab und manchmal auch Vereinfachungen vorgenommen wurden.

Offenbar ist für Kinder kaum möglich, den Automatismus des Nachahmens zu durchbrechen, so dass eben auch unsinnige Handlungsweisen erlernt werden. Das kann dann auch den Effekt haben, dass Kinder nur noch schwer lernen können, etwas richtig (oder anders) auszuführen, wenn es ihnen ein Erwachsener erst einmal falsch vorgeführt hat.