Hat nun Spanien auch noch sein "Watergate"?

Die Polizei hat in der Nacht vier Detektive festgenommen und durchsucht in Barcelona den Sitz von Método 3

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Die Affäre um schwarze Kassen bei Spaniens Konservativen kocht weiter hoch, zudem bricht noch ein Spionageskandal auf. Politiker, Firmenchefs, Persönlichkeiten und Richter sollen in großer Zahl ausspioniert worden sein. In der Nacht zum Dienstag wurde der Chef von Método 3 Francisco Marco, die Operationschefin Chefin Elisenda Villena und die ehemaligen Beschäftigten Alejandro Borreguero und Julián Peribáñez festgenommen. Der Sitz der Detektei in der katalanischen Metropole Barcelona war gestern den ganzen Tag über abgeriegelt und wurde am späten Abend im Beisein der Festgenommenen durchsucht.

Die katalanische Chefin der Spanien regierenden Volkspartei (PP) hatte den Vorgang losgetreten. Alicia Sánchez-Camacho behauptete, ausgespäht worden zu sein und von einem "katalanischen Watergate" wurde gesprochen. Camacho zeigte an, Método 3 habe ein Treffen im Restaurant La Camarga im Juli 2010 abgehört. Sie legte nahe, dass die katalanischen Sozialisten (PSC) hinter dem Vorgang ständen.

Dabei hatte katalanische Tageszeitung "La Vanguardia" aufgedeckt, dass mindestens 500 Politiker, Richter und Persönlichkeiten von Método 3 bespitzelt wurden. Darunter sollen auch der sozialistische EU Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia, der ehemalige sozialistische Ex-Regierungschef Kataloniens, José Montilla, oder sein Stellvertreter der Republikanischen Linken (ERC) Josep Lluís Carod-Rovira gewesen sein. Es macht kaum Sinn, die PSC dahinter zu vermuten. Die Ermittler bezogen sich bei der Vermutung darauf, dass die Schwester der festgenommenen Elisenda Villena die PSC berät. Doch warum die PSC auch ihre eigene Parteiführer und frühere Koalitionspartner ausspionieren sollte, ist eher unwahrscheinlich.

So ist es kein Wunder, wenn sich der Blick auf den Geheimdienst CNI richtet. Die Polizeigewerkschaft SUP hält das wegen des "Umfangs der Spionage" für wahrscheinlich. Der SUP-Sprecher José María Benito sup no descarta que el cni estuviera tras metodo 3 por la envergadura del espionaje.html verwies darauf, dass "hinter solchen Firmen oft Geheimdienste stecken und Spanien ist da keine Ausnahme". Er versicherte, dass sich Geheimdienste für "bestimmte Vorgänge" auch Privatfirmen bedienten. Der CNI dementierte am Dienstag jede Beziehungen zu Método 3. Niemand hätte aber erwartet, dass die Schlapphüte etwas zugeben. Carod-Rovira, der auf der Liste steht, und andere Politiker wurden nachweislich vor einigen Jahren aber vom CNI unter einer PP-Regierung ausgespäht.

Das katalanische Radio RAC1 berichtet, die PP-Führerin habe gewusst, dass das Treffen abgehört worden sei. Rubén Romero, Anwalt des festgenommenen Borreguero, erklärte dem Radio, sein Mandant habe ein Mikrofon im Restaurant platziert, wovon Camacho gewusst haben soll. Damit kommt sie und ihre Zentralregierung selbst in den Verdacht, in die Vorgänge eigeweiht gewesen zu sein. Vermutet wird nun, die PP wolle mit den Anschuldigungen gegen die große Oppositionspartei vom Korruptionsskandal ablenken, der die Parteiführung bis zum Ministerpräsidenten Mariano Rajoy erschüttert. Auffällig ist auch, dass die Regionalregierung und die katalanische Polizei aus den Ermittlungen ausgeschlossen sind. Das wertet man in Barcelona als Verletzung der Autonomie-Kompetenzen. Die Regionalregierung erhält damit auch keine Ermittlungsergebnisse. Obwohl Camacho den Skandal in Katalonien ansiedelt, erstattete sie ihre Anzeige nicht bei den zuständigen Mossos d'Esquadras, sondern bei der spanischen Nationalpolizei.

Für die Regierung Rajoy wird derweil die Lage immer ungemütlicher. Die Hinweise verdichten sich weiter, dass die PP-Führung über Jahre von ihrem ehemaligen Schatzmeister Luis Bárcenas mit Bargeld in Umschlägen versorgt wurde. Das wurde durch eine handschriftliche Schattenbuchführung belegt, die Bárcenas inzwischen auch von Parteifreunden zugeordnet wurde. Er verfügte in der Schweiz über ein Schwarzgeldkonto mit 22 Millionen Euro, das über Schmiergelder gefüllt worden sein soll.

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PP-Zentrale in Madrid, wo Barcenas bisher ein Büro hatte und bezahlt wurde. Bild: R. Streck

Angeblich soll der schon 2009, als auch Ermittlungen gegen aufgenommen wurden, nicht nur vom Amt zurückgetreten sein, sondern auch die Partei verlassen haben. Dabei hatte er noch im vergangenen Dezember eine Sekretärin und ein Büro in der PP-Zentrale in Madrid. Er stand sogar bis Dezember auf der Lohnliste, wie monatliche Zahlungen an die Sozialversicherung belegen. Die PP [http://politica.elpais.com/politica/2013/02/14/actualidad/1360841017_981760.html verteidigt} es als völlig normal, wenn ein korrupter Schatzmeister der Abgang mit 400.000 Euro versüßt wird. Viele in Spanien glauben, dass es sich um Schweigegeld handelte. Bárcenas hatte immer wieder damit gedroht, die "Atombombe" platzen zu lassen, wenn er für die Vorgänge zu einer Haftstrafe verurteilt wird.