Industrievereinigung kämpft gegen Chip-Fälschungen

Gefälschte Halbleiterbauelemente stellen nach Angaben der Semiconductor Industry Association (SIA) ein wachsendes Problem dar. Jetzt soll unter anderem ein Online-Verzeichnis aufgebaut werden, das alle autorisierten Chip-Distributoren aufführt.

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Das Fälschen und Manipulieren ist auch bei elektronischen Produkten weit verbreitet; im PC-Bereich wurden beispielsweise Fälschungen von AMD- und Intel-Prozessoren, Mainboards, Speichermodulen, USB-Sticks, USVs und sogar Floppy-Laufwerken bekannt, Handy-Akkus sorgten ebenfalls für Schlagzeilen. Doch auch einzelne Halbleiterbauelemente werden gefälscht, und das Problem wird nach Angaben der Semiconductor Industry Association (SIA) immer größer. Besondere Gefahr drohe, wenn Chip-Fälschungen in sicherheitskritischen Komponenten zum Einsatz kommen, etwa in der Luft- und Raumfahrttechnik, aber auch im Automobilbereich. Eine Masche der laut SIA vorwiegend in China arbeitenden Fälscherwerkstätten bestehe etwa darin, nur die Bezeichungen von Halbleiterkomponenten zu manipulieren, um sie dann beispielsweise als deutlich teurere Version für einen erweiterten Temperaturbereich oder mit vermeintlich höherer Zuverlässigkeit zu verkaufen.

Zwar arbeitet die SIA auch mit Behörden zusammen, um Fälschern das Handwerk zu legen, doch als weitere Maßnahme hat das Industriegremium in Zusammenarbeit mit der Firma Rochester Electronics damit begonnen, ein Online-Verzeichnis aller von den eigentlichen Chipherstellern autorisierten Distributoren aufzubauen. Bei diesen offiziellen Lieferquellen tauchen laut SIA deutlich seltener gefälschte Chips auf als bei den freien Händlern, den sogenannten Chip-Brokern. Diese haben unterdessen ebenfalls eine Vereinigung namens Independent Distributors of Electronics Association (IDEA) ins Leben gerufen, die Standards erarbeitet, um unter anderem den Verkauf von Fälschungen zu erschweren. Die Chip-Broker betonen ihre wichtige Funktion für den Markt, etwa bei der Beschaffung von abgekündigten Bauelementen für ältere Schaltungen.

Ob der Verweis auf autorisierte Distributoren das Problem mit den Chip-Fälschungen wirklich lösen kann, darf allerdings bezweifelt werden. Auch AMD hat beispielsweise immer wieder darauf hingewiesen, dass Privatleute ausschließlich die für den Einzelhandel verpackten "Processor-in-Box"-(PiB-)Varianten der Prozessoren samt Kühler, Echtheitszertifikat und erweiterter Garantie kaufen sollten. Bei diesen PiB-Packungen sind auch tatsächlich keine Fälschungen bekannt geworden. Doch diese Produkte sind jeweils um einige Euro teurer als die typischerweise vom Graumarkt, also etwa aus Lagerüberschüssen stammenden und auf sogenannten Trays sammelverpackten Prozessoren, die AMD-Distributoren an OEM-Kunden ausliefern. Deshalb konnten im Verlauf von etwa vier Jahren mindestens fünf Wellen von gefälschten Sockel-A-Prozessoren verkauft werden, obwohl über jede ausführlich berichtet wurde.

Wenn also ein Produkt besonders wegen seines niedrigeren Preises oder eines besseren Preis/Leistungs-Verhältnisses beliebt ist, dann helfen Warnungen und Appelle an die Vernunft wenig, weil viele Käufer ausschließlich nach dem Preis entscheiden. Solange das so bleibt, dürften Fälscher auch weiterhin gute Karten haben. (ciw)