Aber die Öffentlichkeit soll doch davon nichts mitbekommen

Außer Kontrolle

Die Vorratsdatenspeicherung und die Klage – ein Lehrstück in Geheimhaltung gegenüber der Öffentlichkeit.

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Vor drei Jahren gehörte Österreich noch zu jenen Staaten, die die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht umgesetzt hatten. Österreichs Begründung: ist denn diese massenhafte verdachtslose Speicherung von Daten überhaupt mit den Grundrechten vereinbar? Logischerweise ist die Begründung und ihre Ausformulierung auch für andere Länder interessant, weshalb Patrick Breyer, der nicht nur beim AK Vorratsdatenspeicherung und der Piratenpartei Schleswig-Holstein aktiv ist, sondern sich auch in seiner Eigenschaft als Jurist schon seit Jahren für Bürgerrechte und Datenschutz einsetzt, Einsicht in die Schriftsätze begehrte, welche Österreich der EU-Kommission zusandte. Beide Beteiligten, sowohl Österreich als auch die Kommission, verweigerten diese Einsicht, weshalb Patrick Breyer nun gegen diese Verweigerung Klage beim EU-Gerichtshof einlegte.

Ganz im Sinne der Transparenz veröffentlichte Patrick Breyer nicht nur seinen 52seitigen Schriftsatz (aka die Klage), sondern auch die Antwort der EU-Kommission, in der diese begründete, wieso sie die an Österreich gerichtete Antwort auf deren Argumentation nicht veröffentlichen wollte.

Das Ergebnis dieses Veröffentlichungs- und Nichtsveröffentlichungshickhacks zeigt sich in der derzeitigen Situation: Denn während Patrick Breyer auf Transparenz setzt, will die EU-Kommission nicht von der Öffentlichkeit wahrgenommen wissen, wieso sie bestimmte Dokumente nicht veröffentlicht.

Ihre Begründung für diese abgelehnte Transparenz: liegt in einem 14 Jahre alten Urteil begründet: "Daher darf eine Partei, die Zugang zu den Verfahrensstücken der anderen Parteien hat, von diesen Stücken nur für die Vertretung ihrer eigenen Interessen und zu keinem anderen Zweck wie etwa dem Gebrauch machen, die Öffentlichkeit zur Kritik am Vorbringen der anderen Verfahrensbeteiligten zu bewegen. "

Hier geht es letztendlich darum, dass während eines laufenden Verfahrens die einzelnen Begründungen nicht an die Öffentlichkeit gelangen um keine Vorurteile zu schüren oder Vorteile dadurch zu erlangen, dass auf diese Weise Dokumente nur vereinzelt veröffentlicht werden und insofern die öffentliche Meinung beeinflussen. Inwiefern auch gegen Patrick Breyers Klageschrift dieses Urteil angewandt werden soll ist unklar – klar ist, dass Patrick Breyer sich dieser Drohung nicht beugte, sondern stattdessen auch den Wortlaut des Schreibens veröffentlichte, in dem die EU-Kommission ihn dazu auffordert, sowohl seine Klageschrift als auch die Antwort der EU-Kommission von seinem Webauftritt zu löschen.