"Niemand wurde repressiv behandelt, niemand musste horrende Summen zahlen"

Passt nicht zur Piratenfahne? Der Verlag von Julia Schramms "Klick mich" lässt ein Angebot zum kostenlosen Download des Buches vom Netz nehmen

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Nur wenige Stunden ( SZ), nachdem das Buch "Klick mich" im Albrecht Knaus Verlag erschien, wurde das Buch auf einer Internetseite zum kostenlosen Download angeboten. Kein ungewöhnlicher Vorgang, wie ja bekanntermaßen von Verlegern beklagt wird, die sich aus Verzweiflung über solche Kultur schon mal ins "frische Gras gelegt und bitter geweint" haben. Auch die Debatte über Immaterialrechte kennt Gefühlspolitik.

Der Fall von "Klick mich" ist ein besonderer, denn die Buch-Autorin Julia Schramm ist ein auffälliges Mitglied der Piraten-Partei. Kein Zufall, dass der oben erwähnte Verleger ein berüchtigtes Schramm-Zitat ins Zentrum seiner anklagenden Charakterisierung der Piraten-Partei stellt:

"Eine kleine politische Gruppe, die sich Piraten nennt, hat der Gesellschaft eine Diskussion aufgezwungen, an der sich alle beteiligen müssen. Was im Netz steht, soll allen gehören, der Begriff 'geistiges Eigentum' wird abgeschafft, er sei 'ekelhaft'."

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Zwar ist Julia Schramm bei weitem nicht die einzige Kritikerin des "geistigen Eigentums", aber mit ihrer Äußerung lieferte sie der Polemik gegen Piraten ein einfaches Schlagwort. Seither antwortet sie auf Fragen nach dem geistigen Eigentum ausführlicher, wie etwa in ihrem Buch oder in einem Interview). Das wird wahrscheinlich auf absehbare Zeit nichts an dem Kampf-Klischee ändern: "Die Piraten-Partei steht für eine Kostenlos-Kultur, die auf geistiges Eigentum spuckt" - solches ist bei Gesprächen mit Verärgerten über "Piraten und Urheberrecht" nicht selten zu hören. Das taucht auch im gestrigen Spiegel-Artikel auf, der die Reaktion des Buch-Verlages auf das kostenlose Download kommentiert - der Verlag war gegen das Download-Angebot, das auf Servern des US-Unternehmens Dropbox zur Verfügung stand, vorgegangen und hatte verlangt, es vom Netz zu nehmen.

Wer sich über den Vorfall via SpiegelOnline informierte, erfuhr erneut, dass die Buchautorin geistiges Eigentum "ekelhaft" finde, dass sie Mitglied einer Partei sei, die für freien Datentausch im Netz eintrete, aber jetzt, da sie viel Geld für ihr Buch von einem bekannten Verlag (der Albrecht Knaus Verlag gehört zur Random House Verlagsgruppe) bekommen habe, sei es "mit dem freien Datentausch (…) plötzlich vorbei", moniert der Spiegel und gibt damit die Lesart für die Geschichte mit dem freien Download vor. Der Artikel schließt damit, dass der Verlag seine Rechtsabteilung eingeschaltet habe, der illegalen Download wurde daraufhin entfernt - "im Namen der der Piraten-Autorin". Also lautet die Moral von der Geschichte, so sind sie dann die Piraten, so gar nicht anders als die anderen, wenns dann einmal echt ums Geld geht...

Umso erstaunter ist der Leser, wenn er bei der SZ erfährt, dass Julia Schramm das Vorgehen als "ein Zeichen in der politischen Debatte" versteht, das der Verlag und sie damit setzen würden. Wie? Das verwundert dann schon, nach all dem Kontext, den der Spiegel dazu lieferte.

Darauf angesprochen, antwortete Julia Schramm Telepolis mit einer Erklärung, die darauf hinweist, dass im vorliegenden Fall nicht mit den üblichen Abmahnungen mit teilweise saftigen Summen ("Rechtsanwaltskosten") agiert wurde:

"Im Fall Dropbox gab es keine kostenpflichtige Abmahnung. Dropbox wurde darauf hingewiesen, dass diese Datei zum Download steht und sie haben es entfernt. Die Person, die es hochlud, wurde nicht ausfindig gemacht und auch nicht verwarnt. Niemand wurde repressiv behandelt, niemand musste horrende Summen zahlen. Uns geht es darum, dass wir eben einen ersten Schritt gehen, der konstruktiv ist."

Der Verlag und sie hätten sich dafür entschieden, ein "Gelbe-Karten"-System zu machen. "Wir verwarnen Nutzer, die einmalig erwischt werden. Konkret heißt das, dass es erstmal eine Verwarnung gibt, die

nicht

(Hervorhebung J. Schramm) kostenpflichtig ist." Mit dem Gelbe-Karten-System wollen der Verlag und sie ein "politisches Zeichen setzen". Allerdings mit einer Einschränkung: "Wenn es aber jemand darauf anlegt und den Verlag provoziert, dann behält sich der Verlag Schritte vor. Dann geht es der Person aber wohl auch nicht darum, dass das Buch lesenwert ist, sondern ein Exempel zu statuieren."

Auf die Frage, ob sie für den freien Datenaustausch im Netz sei, antwortet Julia Schramm:

"Nun zu der Frage 'freier Datenfluss' - Ich bekomme die Rechte am Buch in 10 Jahren wieder und werde es dann auch frei zur Verfügung stellen. Außerdem - siehe oben - werden die juristischen Schritte nicht ausgeschöpft, so lange es sich um normale Nutzer handelt. Die Dropboxaktion mit dazugehöriger Homepage war ja auch eine 'Falle'. Es war an zwei Händen abzuzählen, wie der Verlag reagiert. Und es war so gewollt.
Ich habe mich entschieden dieses Buch zu schreiben - weil ich mir damit einen Kindheitstraum erfülle - und habe dafür Einschränkungen beim freien Datenfluss in Kauf genommen. Aber ich denke, dass das ok ist, so lange nicht mit repressiven (finanziellen) juristischen Mittel normale Nutzer malträtiert werden."