Stadtrat von Westminster will Höhe der Sozialhilfe an Lifestyle koppeln

Übergewichtige Leistungsempfänger sollen so zu Sport motiviert werden

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Im April wird den britischen Kommunen die Verantwortung für einen Teil der Gesundheitsausgaben übertragen. Gleichzeitig bekommen sie mehr Spielraum bei der Festsetzung der individuellen Höhe der Gemeindesteuer. Der von den Tories dominierte Stadtrat von Westminster hat darauf mit einem Papier mit dem Titel "A Dose of Localism" reagiert, das derzeit viel Aufsehen erregt.

In dem Dokument wird nämlich überlegt, wie man den Lifestyle von übergewichtigen Bürgern über finanzielle Anreize gesünder gestalten könnte. Ein erster Schritt dazu wäre ein ärztlicher Ratschlag, ein zweiter die Kontrolle der Teilnahme an vom Arzt verschriebenen sportlichen Aktivitäten mittels Smart Cards und ein dritter die Koppelung der Sozialhilfe, der individuellen Gemeindesteuerhöhe oder weiterer Leistungen und Forderungen an die Einhaltung der ärztlichen Ratschläge.

Beim Ärzteverband British Medical Association (BMA) stoßen diese Ideen allerdings auf wenig Begeisterung: Verbandssprecher Lawrence Buckman nannte die Vorschläge gegenüber der BBC "einige der dümmsten Sachen, die ich seit langer Zeit gehört habe". Seiner Ansicht nach wäre es sinnvoller, mit der Regulierung beim Verkauf besonders ungesunder Produkte anzusetzen. Susannah Gilbert von der Übergewichtigenorganisation Big Matters ging nach eigenem Angaben sogar von einem Witz aus, als sie das erste Mal von den Plänen hörte.

Untermauert wird solche Kritik durch eine Metastudie in der aktuellen Nummer des Fachmagazins Jama: Ihr zufolge hat nach einem Herausrechnen anderer Risikofaktoren wie dem Rauchen der weitaus größte Teil der Dicken – nämlich der mit einem Body Mass Index (BMI) zwischen 25 und 35 - keine höheres, sondern ein um fünf bis sechs Prozent niedrigeres Sterblichkeitsrisiko als ein Normalgewichtiger. Nur wenn jemand so viel Fett am Körper trägt, dass er einen BMI über 35 aufweist, liegt es um 29 Prozent höher. Über die Gründe für diesen statistischen Effekt wird noch gerätselt: Eine Möglichkeit wäre, dass Übergewichtige öfter Ärzte aufsuchen, weshalb Krankheiten bei ihnen früher entdeckt werden.