Agnes Krumwiede: "Google gibt es im Jahr 2020 nicht mehr"

Grüne Kulturpolitikerin hat eine Vision

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Die Sprecherin für Kulturpolitik der Bundestagsfraktion der Grünen, Agnes Krumwiede, hat für die "Musikwoche" eine glossierende Vision des künftigen Handels mit Musik geschrieben. Die vormalige Klavierlehrerin, die ihr Geld mit dem Nachspielen fremder Werke verdiente, wurde nun selbst kreativ und will in ihrer Glaskugel gelesen haben, dass sich im Jahr 2020 niemand mehr fragen werde: "Wo komme ich im Internet kostenlos an Musik?", sondern: "Kann mir der Anbieter garantieren, dass die Künstlerinnen und Künstler einen fairen Anteil von dem erhalten, was ich für ihre Songs bezahle?"

Google gäbe es im Jahr 2020 nicht mehr, weil zivilgesellschaftlicher Protest in ganz Europa gegen die mangelnde Suchneutralität und gegen diverse Datenschutzverstöße dazu beigetragen hätte, Google durch kleinere und dezentrale Anbieter vom Markt zu verdrängen. Die GEMA vermelde Rekordeinnahmen durch den Onlinevertrieb. Die illegale Verbreitung urheberrechtlich geschützter Werke im Internet habe nach der Künstlerrevolution anno 2014 keine gesellschaftliche Akzeptanz mehr: Hunderttausende Urheberinnen und Urheber sowie Interpretinnen und Interpreten hätten sich zu einer international agierenden gewerkschaftsähnlichen Vereinigung für eine gerechtere Beteiligung an der Verbreitung ihrer Werke im Internet zusammengeschlossen, die rot-grünen Regierung hätte das „Grüne Maßnahmenpaket zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage von Künstlerinnen und Künstlern“ endlich vollständig umgesetzt.

In Kooperation zwischen den Verwertungsgesellschaften und der Musikwirtschaft sei ein Internetportal zur kreativen nichtkommerziellen Weiterverarbeitung freigegebener Werke entwickelt worden. Aufgrund einer Aufwertung der kulturellen Bildung im Schulsystem unter der rot-grünen Regierung seit 2013 erlerne jeder junge Mensch an Schulen künstlerische Fähigkeiten und habe dabei regelmäßig Kontakt mit Künstlerinnen und Künstlern, was zu einem Bewusstsein beigetragen habe, dass Musik nicht nur einen Wert, sondern auch einen Preis habe. Abmahnanwälte seien arbeitslos geworden.

Ob sich das missgünstige Geschäftsmodell - der Ausschlusses unvermögender Menschen von Kulturgütern - tatsächlich ohne Restriktion wie Zensurtechnologie und Überwachung durchsetzen lässt, darf bezweifelt werden. Krumwiedes Visionen werden nicht von allen Grünen geteilt. Aufschlussreich etwa ist ein Bericht grüner Netzpolitiker über eine Fachtagung vom letzten Jahr, der mit den Worten "Schluss mit weltfremd" überschrieben ist. Zur Verbreitung der durchaus interessanten Vorträge nutzen die Grünen auf ihrer Seite kostenloses YouTube. Finden kann man die grünen Informationen kostenlos durch die Suchmaschine Google.

Der von Krumwiede kostenlos zum Download angebotene Ausschnitt der „Musikwoche“ enthält übrigens auch neun Fotos. Nach einer Urheberangabe gemäß § 13 UrhG sucht man bei Krumwiede vergeblich. Für die Verwertungshardlinerin ist zu hoffen, dass die von ihr ausgebeuteten Fotografen auf ihr gutes Recht verzichtet haben. Sicher dürfen wir davon ausgehen, dass die Kämpferin gegen Kostenlos-Kultur den Urhebern die Nutzung ihrer Arbeit vergütet ...

Disclosure: Der Autor ist Bundestagskandidat für die Piratenpartei.