Beliebig weil zu komplex - KFW zieht Notbremse

Berechnungen zum Energieverbrauch von Gebäuden sind nicht mehr nachvollziehbar

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Deutsche Regelungswut in Bestform, so könnte man die aktuellen Verfahren bezeichnen, die angewendet werden müssen, um den Energiebedarf von Gebäuden zu berechnen. Die DIN V 18599 sollte dabei alte Verfahren zusammenfassen und vereinheitlichen. Herausgekommen ist ein zehnteiliges Konvolut, um Energieverbräuche für Heizung, Kühlung, Warmwasserbereitung, raumlufttechnische Konditionierung und Beleuchtung eines Gebäudes zu ermitteln.

Früher reichten noch einfachere Verfahren aus. Wesentlich waren der Wärmedurchgang durch die Bauteile, solare Gewinne und die Effizienz der Heizungsanlage. Heute wird alles miteinander verschränkt, auf- und angerechnet, und eine gute Portion politischer Zielvorgaben untergemischt, so dass die Ergebnisse nicht mehr nachzuvollziehen sind.

Schon vor zwei Jahren wurde klar, dass die neuen Berechnungsverfahren, wenn überhaupt, dann nur noch mit Softwareunterstützung anzuwenden sind. Letztes Jahr versuchte deshalb das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in einem extra aufgelegten Forschungsvorhaben die am Markt verfügbaren Energieausweis-Softwareprodukte einer Qualitätsprüfung zu unterziehen - und scheiterte. Der Versuch, Mängel in der Norm und ihre Umsetzung in den Untiefen der Software nachzuvollziehen, misslang wegen der übergroßen Komplexität.

Jetzt hat die KfW, der größte Kreditgeber für energieeffizientes Bauen, die Notbremse gezogen. Ab sofort werden keine Nachweise mehr anerkannt, die die DIN V 18599 zur Berechnung des energetischen Niveaus nutzen. Da sich herausgestellt hat, dass die Berechnungsergebnisse in Abhängigkeit von der verwendeten Software-Lösung "ungewöhnlich stark voneinander abweichen". Die Nachvollziehbarkeit der Fördermittelvergabe sei so nicht mehr gegeben. Deshalb werden von der KfW ab jetzt nur noch die älteren - dafür aber praxistauglichen - Berechnungsverfahren DIN 4108-6 und DIN 4701-10 und bei Passivhäusern die Berechnungssoftware des Darmstädter Passivhaus-Instituts akzeptiert.