Epidemie der Kurzsichtigkeit

Britische Wissenschaftler konnten in einer Langzeitstudie bestätigen, dass bei Kindern, die sich viel draußen im Tageslicht aufhalten, das Risiko für Kurzsichtigkeit deutlich geringer ist als bei Stubenhockern

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Kürzlich hatte der australische Mediziner Ian Morgan bei einer Untersuchung der Kurzsichtigkeit, die in Asien bei Hochschulabgängern epidemische Ausmaße erreicht hat, festgestellt, dass dies mit genetischen Anlagen nicht begründet werden könne. Jetzt sind 80-90 Prozent der Schulabgänger kurzsichtig, nach dem Zweiten Weltkrieg waren 20-30 Prozent. Auch in westlichen Ländern gab es einen Sprung, auch wenn mit 25-50 Prozent kurzsichtigen jungen Menschen die Verbeitung in Asien noch unterboten wird. Die explosive Zunahme müsse auf Umweltbedingungen zurückzuführen sein, meint Morgan und verwies auf australische Studien, nach denen es einen Zusammenhang zwischen dem Sehvermögen und der Zeit gebe, die man draußen beim Sport im Tageslicht verbringt.

Die Hypothese, dass längere und kontinuierliche Aussetzung ans Tageslicht, Kurzsichtigkeit verhindern kann, wird nun auch von einer Studie von britischen Wissenschaftlern der University of Bristol bestätigt. Unklar war bislang vor allem, ob es allein die Zeit ist, die Kinder im Freien verbringen, oder ob die damit verbundene körperliche Aktivität eine Rolle spielt, ob sie später zum Brillenträger werden oder nicht. Für ihre Studie, die in der Zeitschrift Investigative Ophthalmology & Visual Science erschienen ist, haben die Wissenschaftler eine Langzeitstudie von Eltern und Kindern ausgewertet. Die mehr als 7700 Kinder wurden im Alter von 7, 10, 11, 12 und 15 Jahren auf Kurzsichtigkeit getestet. Als kurzsichtig galten Kinder, bei denen mehr als eine Dioptrie festgestellt wurde, als weitsichtig bei weniger als 0,25 Dioptrien. Die körperliche Aktivität wurde im Alter von 11 Jahren mit einem Beschleunigungsmesser erfasst, den die Kinder eine Woche lang trugen. Eltern gaben auf einem Fragebogen an, wie viel Zeit die Kinder sich im Alter von 8 und 9 Jahren im Freien aufgehalten hatten.

Das Ergebnis macht deutlich, dass die körperliche Aktivität kaum eine Rolle spielt. Die Zeit, die die Kinder draußen im Tageslicht verbringen, scheint entscheidend zu sein. Kinder, die sich im Alter von 8 und 9 Jahren viel draußen aufhielten und im Alter von 11 Jahren nicht kurzsichtig waren, hatten mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,66 ein deutlich geringeres Risiko, mit 15 Jahren kurzsichtig zu sein, als Kinder, die wenig Zeit draußen verbrachten (0,87). Keinen Einfluss hat darauf, ob die Eltern kurzsichtig sind oder wie viele die Kinder gelesen haben. Der Bücherwurm oder der Computeraddict hat also danach nur dann ein Problem, wenn er es versäumt, nach draußen zu gehen.

Warum es gut für die Augen ist, viel Zeit draußen zu verbringen, können die Wissenschaftler nicht sagen. Aber Cathy Williams, Mitautorin der Studie, meint, dass auch angesichts der anderen positiven gesundheitlichen Aspekte die Kinder einfach viel Zeit draußen sein sollten, Eltern müssten aber den notwendigen Schutz vor UV-Strahlung beachten.