To: President Barack Obama

Online-Petition an Barak Obama soll das Leben des zum Tode verurteilten afro-amerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal und vieler anderer Todesstrafenkandidaten retten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In einer Online-Petition, die seit heute im Internet unterzeichnet werden kann, können sich weltweit Menschen gegen die weiterhin drohende Todesstrafe für Mumia Abu-Jamal (der ehemalige Black-Panther-Aktivist ist Journalist, Buchautor und P.E.N.-Mitglied) sowie für alle von ihr bedrohten Menschen engagieren: "WIR, DIE UNTERZEICHNER, ersuchen Sie hiermit, sich gegen die Todesstrafe für Mumia Abu-Jamal auszusprechen sowie gegen die Todesstrafe für viele Männer, Frauen und Kinder überall auf der Welt, die ihrer Hinrichtung entgegensehen. Diese höchste Form der Bestrafung ist für eine zivilisierte Gesellschaft inakzeptabel und untergräbt die Menschenwürde."

Einem weit verbreiteten Irrtum zufolge gilt der US-Präsident als Gegner der Todesstrafe. Bei näherer Betrachtung entpuppt er sich jedoch als deren Befürworter. In seinem 2006 erschienen Buch "Audacity of Hope" (Kühnheit des Mutes) schrieb Obama: "Obwohl mir alle Belege zeigen, dass die Todesstrafe nur wenig tut, um Verbrechen zu verhindern, glaube ich, dass es einige Verbrechen gibt - mehrfachen Mord, die Vergewaltigung und Tötung von Kindern -, die so schändlich sind, so völlig inakzeptabel, dass die Gesellschaft das Recht hat, ihre Empörung mit der Todesstrafe voll zum Ausdruck zu bringen."

Er hält die Todesstrafe "für besonders verwerfliche Verbrechen" für angemessen, u. a. für Khaled Scheich Mohammed, der als Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 gilt. Bleibt also die Frage, für wie verwerflich Obama einen Polizistenmord hält.

Andererseits trifft die Online-Kampagne auf ein sich wandelndes politisches Klima, in dem die Todesstrafe in immer breiteren gesellschaftlichen Kreisen kritisch diskutiert wird. Mumia wies am vergangenen Samstag in einem Telefongespräch mit seinem Anwalt, der gerade auf der Bühne bei der Luxemburg-Konferenz der Tageszeitung junge Welt stand, auf das American Law Institute (ALI) hin, eine sehr angesehene Juristenorganisation der USA. Dort sind über 4.000 Rechtsprofessoren, Richter und Anwälte zusammengeschlossen. Diese Leute seien die verantwortlichen Architekten des heutigen US-Todesstrafensystems und vieler anderer Rechtsbereiche, so Mumia. Sie hätten die Strafvorschriften für zahlreiche US-Bundesstaaten und die Bundesregierung entworfen und 1962 das neue Todesstrafenprogramm der USA in einem Modellstrafrecht unter Abschnitt 210.6 konstruiert, auf das sich der Oberste Gerichtshof 1976 bei der Wiedereinführung der Todesstrafe berief, nachdem sie vier Jahre ausgesetzt war.

Im Oktober 2009 hat das ALI aufgrund eines Berichts vom April 2009 mit großer Mehrheit beschlossen, den Abschnitt 210.6 aus dem Modellstrafrecht herauszunehmen, weil die Praxis der Todesstrafe weder verfassungskonform noch fair sei. Allerdings will damit das Institut keine offizielle und grundsätzliche Entscheidung für oder gegen die Todesstrafe abgeben.

Je mehr Menschen die Petition unterschreiben, um so mehr gerät Obama unter Druck, seine Haltung zur Todesstrafe zu überdenken. Zu den Erstunterzeichnenden der Petition zählt u. a. die ehemalige französische First Lady Danielle Mitterrand, der Schriftsteller Günter Grass sowie die beiden Shoa-Überlebenden Esther Bejarano und Peggy Parnass.