Sie kämpfen für Provider und Contentindustrie: Sheriffs, Internetsheriffs

Außer Kontrolle

Nach den Stoppschildern jetzt die Warnschilder. Die Idee der "digitalen Autobahn" wird weiter missverstanden.

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Einige Politiker scheinen das Gerede von der "Datenautobahn" falsch verstanden zu haben. Nachdem Frau Vaudel mit der Stoppschildidee auftauchte, folgt ihr nun die Bundesjustizministerin mit der Warnschildidee. Die Dame, die schon einmal den direkten Auskunftsanspruch für die Musikindustrie befürwortet, hat just ihre Überlegungen zur Bewahrung und Förderung der Urheberrechte im Internet vorgestellt. Unter anderem will sie nicht, dass Provider das individuelle Surfverhalten kontrollieren, aber: bei Copyrightverletzungen soll der Kunde automatisch Warnhinweise erhalten, die ihn dahingehend aufklären, dass er gerade dabei ist, in die Illegalität abzubiegenIm Auftrag des Providers: Sheriff, Internetsheriff oder aber schon den Weg in die Sackgasse Illegalität genommen hat und daher umkehren soll.

Da ja, wie bereits erwähnt, die Provider das Surfverhalten selbst nicht kontrollieren sollen, stellt sich natürlich die Frage, woher sie denn davon erfahren sollen, dass ihr Kunde sich nicht untadelig verhält. Daten sollen ja nicht erfasst werden. Was also tun, um den Nutzer auf den Internetpfad der Tugend zurück zu bringen?

Möglich wäre, dass die Musikindustrie beispielsweise die Provider kontaktiert und ihnen Listen mit IP-Adressen zukommen lässt, hinter der sich die Übeltäter verbergen. Die Provider suchen dann die mutmaßlichen Urheberrechtsverletzter heraus und übersenden ihm einen Warnhinweis. Allerdings stellt sich auch hier die Frage, wie dies funktionieren soll. Per Mail? Diese Mails dürften sehr schnell in den Spam-Ordner wandern oder aber auch von Phishern und Co. missbraucht werden. Aber andere Möglichkeiten dürften sich als noch schwieriger erweisen, es sei denn die Justizministerin präferiert Warnschilder beim Aufruf bestimmter Anbieter wie z.B. Rapidshare, die ja des öfteren als "Raubkopierportal" durch die Medien gezerrt werden, gleichgültig ob per Rapidshare auch jede Menge Daten fernab jeder Urheberrechtsverletzung getauscht werden.

Ohne Datenerfassung bleibt nur die Lösung, mit der Contentindustrie (welch Wort) zusammenzuarbeiten bzw. sich zum Handlanger dieser zu machen. Wer wird kontrollieren, ob die Daten der MI auch stimmen und insofern die Belästigung des vermeintlichen Bösewichts überhaupt gerechtfertigt ist?

Bedenkt man, dass seit längerem schon die Diskussion um Websperren bei gewaltverherrlichenden Seiten, Naziseiten oder dergleichen mehr schwelt, bleibt zu befürchten, dass noch mehr Politiker auf den Warnhinweis-Zug aufspringen und es bald das neue Berufsbild "Internetsheriff" geben wird. Diese werden dann nichts anderes zu tun haben als dauernd an Kunden Warnhinweise versenden und dem Kunden damit sagen, dass er sich vom Pfad der Tugend nicht abwenden soll. Sollte es auf Warnschilder hinauslaufen, wird es für viele demnächst wohl einen Schilderwald im Internet geben - "nicht nach Rechts abbiegen", "Achtung, blanke Brüste" oder "Vorsicht Bombenbauanleitungen" ... der geneigten Leserschaft werden sicherlich noch mehr Möglichkeiten einfallen :)