Ausbeutung in der forensischen Psychiatrie?

Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer und ihr Ehemann Hubert sind in den Strudel der Affäre Mollath geraten

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Der Schwarzgeld-Whistleblower Gustl Mollath wurde vom 24. April 2006 bis zum 14. Mai 2009 im Bezirkskrankenhaus Straubing festgehalten. Über diesen Aufenthalt berichtete der Nürnberger, für den sich mittlerweile viele Menschen und Medieninteresse interessieren, unter anderem von Schlafentzug. Das veranlasste die Bloggerin Ursula Prem dazu, Nachforschungen über die Zustände in dieser Klinik anzustellen. Dabei stieß sie auf einen ehemaligen Insassen, der behauptet, dass er dort für einen Stundenlohn von 1,25 Euro Modellautos für die Firma Sapor Modelltechnik fertigen musste. Das wäre angesichts der Tagessätze im bayerischen Strafvollzugsgesetz noch keine sehr bemerkenswerte Nachricht, wenn solche Autos bei Auktionen nicht Preise von bis zu 26.269 Euro erzielen würden.

Noch bemerkenswerter ist die bei World Collector zu findende Behauptung, dass der heute in Ingolstadt tätige Landgerichtspsychiater Hubert Haderthauer teure Sapor-Modelltechnik-Autos wie den 104 Rolls Royce "produziert" hätte. Der Ehemann der bayerischen Sozialministerin Christine Haderthauer war für eine Stellungnahme gegenüber Telepolis nicht erreichbar, gab aber mittlerweile dem Stern Auskunft: Danach war er "zu keinem Zeitpunkt beim Bezirkskrankenhaus Straubing beschäftigt" und hat die Firma Sapor Modelltechnik nicht gegründet, sondern stieß "Anfang der 90er Jahre" dazu. 2008 habe er seine "Beteiligung beendet", da er aufgrund des Aufrückens seiner Frau in eine "herausgehobene politische Position jegliche Möglichkeit einer denkbaren Interessenkollision von vornherein ausschließen wollte".

Zum Vertrag von Sapor Modelltechnik mit dem Bezirksklinikum Straubing wollte sich Haderthauer auch gegenüber dem Stern nicht äußern. Anders der jetzige Sapor-Modelltechnik-Besitzer, der Ingolstädter Messeveranstalter Heinrich Sandner. Ihm zufolge zahlt man dem Klinikum die Materialkosten zuzüglich 5.000 Euro pro Modellauto und verkauft die fertigen Exemplare für "rund 15000 Euro inklusive Steuern".

Auch Gustl Mollath erwähnte die Modellbauwerkstatt in Straubing 2008 in einem Schreiben an die Strafvollstreckungskammer Regensburg. Nach eigenen Angaben hatte er sich dort beworben, weil er viel Erfahrung mit Luxusautomobilen hat. Allerdings ließ man ihn nicht dort arbeiten. Stattdessen musste der gelernte und studierte Maschinenbauer "Vorhanghaken klicken". Die Bloggerin Gabriele Wolff sieht eine mögliche Erklärung dafür in der Möglichkeit, dass "ein Mann […] der Unmoral im Bankensystem und in der Wirtschaft anprangert [und] die Verflechtung von Wirtschaft und Politik/Justiz beklagt […] angesichts der einzigartigen Handwerksstücke, die da entstanden", fragen hätte können "wer [damit] den Profit macht".