Wie weiter in Nordkorea?

Sollte sich das benachbarte China auf einen Regimezusammenbruch und eine Wiedervereinigung des Landes einstellen?

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Wie geht es weiter in Korea? Nach dem Tod des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-il gibt es keinen Mangel an Spekulationen. Minxin Pei, der am Claremont McKenna College im US-Bundesstaat Kalifornien in der Nähe von Los Angeles politische Wissenschaften lehrt, weist in der South China Morning Post darauf hin, dass noch nie ein moderner Diktator die Regierungsgeschäfte bis in die dritte Generation vererbt habe. Die Übergabe an die Söhne sei weit verbreitet, doch die würden dann meist irgendwann gestürzt. Eine Erfahrung, wie sie demnächst vermutlich auch Syriens Präsident Baschar al-Assad machen wird.

Für Pei folgt daraus eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Regime in Pjöngjang demnächst zusammenbrechen könnte. Das geringe Alter des neuen formellen Machthabers scheint ihm Recht zu geben. Kaum anzunehmen, dass der nicht einmal dreißigjährige Kim Jong-un tatsächlich alle Zügel der Macht fest in der Hand hält. Naheliegender ist, dass im Hintergrund andere ihre Fäden ziehen und angesichts des plötzlichen Todes des Diktators nun erst einmal kräftig um die Macht rangeln, bis ein neues Arrangement austariert ist.

Und da dies angesichts der rundum schwierigen Situation in Nordkorea - man denke nur an die seit vielen Jahren anhaltenden Versorgungsprobleme, die wiederholt zu schweren Hungersnöten führten - auch ganz schnell zu Chaos und Zusammenbruch führen kann, rät Pei in seinem Kommentar der Regierung in Beijing (Peking), sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten.

Bisher ist man dort vor allem daran interessiert, Nordkorea zu stabilisieren. Das hat weniger ideologische Gründe, auch wenn diese gerne vorgeschoben werden. Vielmehr befürchtet die chinesische Regierung zum einen, dass ein paar Millionen verelendeter Koreaner über die gemeinsame Grenze fliehen könnten und Unruhe ins Land bringen. Zum anderen braucht es Nordkorea aber auch als Pufferstaat, denn der Süden ist noch immer ein enger Verbündeter der USA, auch wenn diese bei einem erheblichen Teil der 48 Millionen Südkoreaner äußerst unbeliebt sind. Nicht zuletzt stehen im Land knapp 30.000 US-amerikanische Soldaten.

Sollte das Regime in Nordkorea aber unkontrolliert zusammenbrechen, so kann sich aus dieser Konstellation schnell eine explosive Lage ergeben. Unter anderem schon deshalb, weil sowohl Japan, Südkorea und die USA als auch China und eventuell noch Russland ein elementares Interesse hätten, die nordkoreanischen Nuklearwaffen zu sichern. Da wäre es schon besser, so Pei, wenn China rechtzeitig in den sauren Apfel beißt und mit Seoul und Washington - diskret versteht sich - die Bedingungen einer Wiedervereinigung des Landes bespricht.