Guerilla reloaded

Die Zapatisten in Mexiko haben mit Massendemonstrationen erneut ihre Stärke bewiesen. Nun debattiert das Land die soziale Frage im Süden

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In Mexiko dominieren kurz vor dem Jahreswechsel die Nachrichten über den anhaltenden Aufstand indigener Rebellen im Süden des Landes. Der Zapatistischen Armee zur Nationalen Befreiung ( EZLN) war am vergangenen Freitag ein Überraschungscoup gelungen: Ohne dass die Aktion an die Öffentlichkeit gedrungen ist, konnte die Organisation mit rund 50.000 Anhängern in fünf Bezirkshauptstädte des Bundesstaates Chiapas einmarschieren. Die Mobilisierung machte deutlich, dass die EZLN zwanzig Jahre nach dem Beschluss zur Rebellion stärker als zuvor ist. Zudem zeigten die eindruckvollen Schweigemärsche den hohen Organisationsgrad der Rebellenbasis. Weder Armee noch Geheimdienste hatten von der Mobilisierung zehntausender Aktivisten im Vorfeld etwas mitbekommen.

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Marsch der EZNL in Ocosingo. Bild: Raul Vera

Die linksgerichtete EZLN hatte 1992 den Beschluss zum politischen und teilweise bewaffneten Aufstand gefasst. Am Neujahrstag 1994 waren tausende Anhänger in mehrere Städte von Chiapas einmarschiert und hatten Regierungsgebäude besetzt. Die Zapatisten und ihr Sprecher "Subcomandante Marcos" fordern in erster Linie mehr Autonomie und Selbstbestimmung für die indigene Bevölkerungsmehrheit im Süden Mexikos, der von mehreren Maya-Volksgruppen und anderen Ethnien bevölkert wird. Zudem richtete sich die EZLN von Beginn an gegen die neoliberale Politik der mexikanischen Regierungen – und unterstrich diese Position mit politischer Symbolik: Am Tag des Aufstandes am 1. Januar 1994, der schon damals die Sicherheitsbehörden überraschte, trat zugleich die Nordamerikanische Freihandelszone zwischen Mexiko, den USA und Kanada in Kraft.

Auch das Datum der Demonstrationen in den Bezirkshauptstädten Ocosingo, Comitán, Las Margaritas, Altamirano, Palenque und San Cristóbal de Las Casas am Freitag war bewusst gewählt. Während westliche Medien bar jeder wissenschaftlichen Basis über eine angebliche Maya-Prophezeiung des Endes der Welt berichteten, begingen die Rebellen den Beginn des 14. Baktún, einer neuen Ära im Maya-Kalender. Zugleich fiel das Datum auf das Ende eines Katún-Zyklus, der knapp 20 Jahren entspricht und damit das Jubiläum des Beschlusses zum Aufstand markiert.

Die Regierung von Chiapas und die Bundesregierung reagierten zurückhaltend auf die neue Machtdemonstration der Maya-Rebellen, von der sie überrascht wurden. Die Regionalregierung beließ Armee und Polizei in den Kasernen. Der Innenminister der neuen Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto, Miguel Ángel Osorio Chong, bat die EZLN um Geduld. Die neue Staatsführung werde eine Lösung des Konfliktes anstreben.