Staatlich geförderte Esoterik

Die Skeptiker starten Petition gegen Waldorfschule

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In Hamburg soll im Schuljahr 2014/15 die erste Waldorfschule in staatlicher Regie eingerichtet werden. Das dürfte ganz im Sinne eines umweltbewussten grünen Mittelstands sein, der die Waldorfpädagogik als antiautoritäre Alternative zum herkömmlichen Schulsystem schätzt. Widerstand hingegen kommt von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. Die Organisation beschäftigt sich kritisch mit den verschiedenen Formen von Esoterik, magischen Denken und Aberglauben.

In diese Reihe stellt die GWUP auch die von Rudolf Steiner entwickelte Anthroposophie, die die weltanschauliche Grundlage für die Waldorf-Pädagogik bildet. Mit einer Online-Petition wollen die Skeptiker, wie sich die GWUP-Aktivisten selber bezeichnen, die Waldorfschule in staatlicher Regie noch verhindern. Damit werde antiaufklärerisches und antiwissenschaftliches, im schlimmsten Fall sogar rassistisches Gedankengut in das staatliche Schulsystem eingespeist, befürchten die Initiatoren.

Mit ihrer scharfen Frontstellung gegen die verschiedenen Spielarten von Obskurantismus und Esoterik macht sich die GWUP nicht nur Freunde. Mittlerweile haben die Kritisierten mit GWUP-Watch eine Webseite ins Netz gestellt, die die Skeptiker selber in die Nahe einer Sekte rücken wollen. Dabei kann man ihr höchstens ihren zu unkritischen Bezug auf Rationalität und Wissenschaft vorwerfen, der von der dunklen Seite des Fortschritts wie sie in der Dialektik der Aufklärung von Adorno und Horkheimer entwickelt wurde, nichts wissen will. Auch ihre Kritik an den Waldorf-Schulen ist begründet und nicht neu. Es gibt seit Jahren Bücher, die über die kritischen Aspekte der Steiner-Ideologie berichten, aber viel zu selten zur Kenntnis genommen werden.

Feen, gute Hexen und biblische Propheten

Als "Alternativen zu Leistungsdruck und Pisa-Stress" und "Schmiede für gute Menschen" werden Waldorfschulen auch in Medien wie der Zeit angepriesen, die nicht als esoterikaffin gelten. Doch wenn es um Abfederung der Zumutungen des kapitalistischen Alltags geht, wird auch dort auf Zuflucht in Religion und Aberglaube gesetzt. So heißt es dort:

"Die Waldorfwelt ist freundlich, weich und geordnet. In ihr hausen - noch lange nach der ersten Klasse - Feen, gute Hexen und biblische Propheten. Sie meidet grelle Farben und harte Winkel, kennt weder Zensuren noch Sitzenbleiben. Kein Schüler muss die Schule verlassen, weil er Leistungsansprüche verfehlt. Bis zuletzt bleibt die Klassengemeinschaft zusammen."

Viele Eltern schätzen an den Waldorf-Schulen vor allem den fehlenden Notendruck und den hohen Stellenwert musischer und kultureller Fächer. Solche positiven pädagogischen Elemente sollten allerdings von den staatlichen Schulen übernommen werden, ohne sich die anthroposophische Ideologie in die Schule zu holen. Damit wäre auch gewährleistet, dass diese pädagogisch sinnvollen Maßnahmen allen Kindern zur Verfügung stehen und dies nicht von der sozialen Situation der Eltern abhängig sind. Doch in Zeiten von Wirtschaftsliberalismus und dem Dogma der Schuldenbremse sind solche Forderungen zu teuer und die Waldorfschulen sorgen für die nicht nur ideelle Sinnstiftung.