Deutsch ins Grundgesetz, nein Danke!

Die Forderung ist populär, eine Petition an den Bundestag will das verhindern und tritt für eine "vielstimmige Gesellschaft" an

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Konservative Politiker sprechen sich dafür aus, Deutsch als Staatssprache im Grundgesetz zu verankern. So macht sich vor allem die Union dafür stark. Man will die Identität des Landes und seiner Kultur dadurch schützen und vor Veränderungen abschotten. Erst letzte Woche hat Bundestagspräsident Norbert Lammert dies erneut gefordert.

Ende 2008 wurde auf dem Parteitag der CDU mit großer Mehrheit gegen den Willen der Parteiführung beschlossen, Deutsch als Sprache im Grundgesetz zu verankern. Auch wenn die FDP dies damals ablehnte, ging sie bei der Regierungsbildung den Kompromiss ein, dieses Ziel umsetzen zu wollen.

Schon lange ist dies das Ziel des Vereins Deutscher Sprache, der vor allem gegen das "Denglisch" zu Felde zieht und irgendwie die Reinheit der deutschen Sprache verteidigt. Die Bild hat sich im November mit dem Verein zusammengetan, um für eine Petition an den Bundestag zu werben. Im vergangenen November wurden über 46.000 Stimmen an Lammert übergeben. Bei einer weiteren Petition kamen noch einmal magere 5.000 Stimmen zusammen. Die Deutschen scheint das Thema nicht mitzureißen.

Die Forderung ist ebenso populär wie symbolisch, weil Deutsch sowieso die einzige Amtssprache ist und es keine konkurrierende Sprache gibt. Allerdings ist Deutschland sowieso Auswanderungsland geworden und besonders dank der von Sarrazin noch einmal zugespitzten Anti-Ausländer-Stimmung für gebildete Menschen nicht sonderlich attraktiv als Einwanderungsland. Die deutsche Sprache ins Grundgesetz zu betonieren, würde zwar faktisch nichts ändern, aber noch einmal deutlich machen, dass Deutschland nicht offen, plural und veränderungswillig ist.

Anatol Stefanowitsch würde das gerne ändern und tritt für eine "vielstimmige Gesellschaft" ein. Er fürchtet, dass nach einer Aufnahme ins Grundgesetz "die Sprachpuristen auf dieser Grundlage eine Verfassungsklage nach der anderen einreichen würden - gegen Englisch in Werbung, Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft, gegen Migrantensprachen auf Schulhöfen, vielleicht sogar gegen Minderheitensprachen wie das Friesische und Sorbische". Das wäre in der Tat absurd.

Deswegen hat er nun selbst eine Petition eingereicht, die allerdings auch bislang wenig Unterstützer findet: "Der Deutsche Bundestag möge beschließen, den gesetzlichen Status der deutschen Sprache unverändert zu lassen. Insbesondere möge er eine Aufnahme der deutschen Sprache in das Grundgesetz ablehnen." Damit wird er wohl wenige Menschen hinter dem Ofen hervorlocken können, zumal ja eigentlich noch gar nichts passiert ist und die schwarz-gelbe Regierung sich vermutlich davor hüten will, hier plakativ etwas zu machen, wo man doch gerade eher darüber diskutiert, ob man nicht Deutschland wegen des vermeintlichen Fachkräftemangels offener und einladender machen sollte. Möglicherweise würde es ja auch nicht schaden, die Neigung zur sprachlichen und kulturellen Isolation durch diese Petition zu konterkarieren.