Braunkohlefreunde erklären uns das Klima

RWE-Manager Vahrenholt möchte Fotovoltaik ausbremsen und weiß daher ganz genau, dass es keinen Kimawandel geben kann

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Das geht ja wirklich auf keine Kuhhaut, was derzeit auf das deutsche Publikum an Propaganda einprasselt. Ein Chemiker, Ex-Shell-Manager und Noch-RWE-Manager, Fritz Vahrenholt, versucht, uns mal eben mit einem neuen Buch das Klima zu erklären. Natürlich haben alle Forscher unrecht außer den paar Außenseitern, die der gleichen Meinung wie der Autor sind.

Das Treibhausgas CO2, das Vahrenholts Arbeitgeber nicht zuletzt aufgrund seiner großen Braunkohlekraftwerke wie kaum ein anderer in Europa produziert, ist vollkommen unwichtig, erfährt der staunende Leser, schuld hat vielmehr die Sonne. Da muss man schon aufpassen, dass man sich beim Gähnen nicht den Kiefer ausrenkt, denn derlei Unfug ist in den letzten Jahren schon dutzende Male widerlegt worden. Ebenso wie die Behauptung, es habe in den letzten 12 Jahren keine Erwärmung mehr gegeben (siehe 2011 nach der NASA das neuntwärmste Jahr).

Aber Vahrenholt und sein Co-Autor Sebastian Lüning gehen sogar noch einen Schritt weiter und sagen uns sogar eine Abkühlung für die nächsten Jahre voraus. Das wäre schon für Klimawissenschaftler ziemlich gewagt, aber für Fachfremde ist das wirklich eine ziemlich steile These.

Lüning hat als Geologe übrigens genauso wenig mit Klimaforschung zu tun wie der Chemiker Vahrenholt. Selbstredend können weder der eine noch der andere auf irgendwelche Fachpublikationen zum Thema verweisen, obwohl es natürlich durchaus Geologen oder Chemiker gibt, die auf diesem Gebiet arbeiten. Lüning ist bei der RWE-Tochter DEA angestellt, die im Nationalpark Wattenmeer vor der Schleswig-Holsteinischen Küste Öl fördert und dort neue Bohrlöcher abteufen will (siehe Bis zum letzten Tropfen Öl).

Springer-Medien und Spiegel greifen Vahrenholts Thesen begeistert auf und machen daraus eine richtige schöne Kampagne. Die Bild lässt einen Festkörperphysiker mit auffallend begrenztem Forschungsinteresse über "Klimahorror-Warnungen" und einen "allwissenden Weltklimarat" lamentieren. Der Mann ist sich nicht einmal zu schade, uns zum tausendsten Mal zu erzählen, dass Grönland seinen Namen bekommen habe, weil es dort vor 1000 Jahren so grün gewesen sei.

Man kann Vahrenholt immerhin zugute halten, dass er sehr offen über das Motiv der Kampagne spricht. In der Financial Times Deutschland autor-von-die-kalte-sonne-fuerchtet-euch-nicht-vor-dem-klimawandel/60165812.html: schreibt er, dass keine Eile bestehe. Mit dem Umbau der Energieversorgung könne man sich Zeit lassen, und die "völlig unsinnige Fotovoltaikförderung" sei nur der Angst vor dem Klimawandel geschuldet.

Sein Problem: Diese "völlig unsinnige" Fotovoltaik stößt gemeinsam mit den Windkraft- und Biogasanlagen langsam in Bereiche vor, in denen sie seinem Arbeitgeber mit den großen, schwer regelbaren Braunkohle- und Atomkraftwerken ernsthaft Konkurrenz macht. Deshalb soll sie ausgebremst werden, daher dieses Propagandafeuerwerk.