Die Macht falscher Propaganda

Hollywood-Film hat angeblich Flughafen-Attentäter beeinflusst

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Frankfurter Todesschütze Arid U. verwechselte offenbar eine Szene aus einem Hollywood-Film mit der Realität. Mit furchtbaren Folgen. Er tötete zwei US-Soldaten weil ihn eine gestellte Vergewaltigungsszene verärgerte.

Der Frankfurter Flughafen-Attentäter Arid U. berichtete der Polizei in seinem ersten Verhör von einem verstörenden Erlebnis. Der 21jährige Kosovare, der beim Postzentrum des Frankfurter Flughafens arbeitete, sei am 1.März gegen 22:30 Uhr vom Spätdienst nach Hause gekommen. Wie so oft, habe er anschließend im Internet gesurft. Auf Facebook sei er Mitglied einer Nutzergruppe mit islamischen Inhalten gewesen, so Arid U. gegenüber den Ermittlern.

Auf der Webseite dieser Gruppe sei ein Link zu einem Video auf der Plattform Youtube zu finden gewesen. Das Video, so Arid U., habe US-Soldaten gezeigt, die das Haus einer muslimischen Familie plünderten und anschließend die Tochter der Familie vergewaltigten. Angesichts dieser Bilder, habe U. in der Nacht nicht schlafen können.

Am Folgetag erschoss Arid U. am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten, die auf dem Weg nach Afghanistan waren. Das Internet-Video mit der schrecklichen Vergewaltigungsszene hätte Rachegelüste in ihm ausgelöst, so U.. Es sei der entscheidende Impuls für seine Tat gewesen.

Wie sich nun herausstellt, zeigt das Video, dass der Frankfurter Attentäter vor seiner Bluttat sah, keine echte Vergewaltigung durch amerikanische Soldaten. Es handelt sich um eine Szene aus einem Hollywood-Film. Ein Sprecher der Bundesstaatanwaltschaft bestätigte inzwischen, das Youtube-Video habe eine entsprechende Szene des Film Redacted enthalten. Zu sehen ist dort, wie amerikanische Soldaten bei einer nächtlichen Razzia das Haus einer irakischen Familie stürmen und im Schein von Taschenlampen eine junge Frau missbrauchen.

"Redacted", der im August 2007 bei den Filmfestspielen in Venedig uraufgeführt wurde, basiert auf der wahre Geschichte des so genannten "Massakers von Mahmoudiyah". Im Mai 2006 stürmten fünf Soldaten der 101.Airborne Division das Haus der Familie Al-Janabi in der irakischen Stadt Mahmoudiyah, etwa 30 Kilometer südlich von Bagdad. Ein US-Soldat erschoss den Vater, die Mutter und eine Tochter in einem Nebenraum, während seine Kameraden die 14jährigen Tochter Abeer vergewaltigten. Das irakische Mädchen wurde, nachdem sich alle Soldaten an ihr vergangen hatten, ebenfalls getötet.

Der dokumentarische Spielfilm "Redacted" entstand unter der Regie von Brian De Palma und wurde größtenteils in Jordanien gedreht. Der Film gewann den "Silbernen Löwen" bei den Filmfestspielen von Venedig, erhielt jedoch mehrheitlich schlechte Kritiken. "Redacted" sei sehr klischeehaft, "dramaturgisch nicht überzeugend" und die gezeigten Szenen seien übertrieben, urteilte die Zeitschrift Variety. Die Vergewaltigungsszene habe "in der Tat einen kraftvollen Eindruck".

Das vom Todesschützen Arid U. beschriebene Youtube-Video wurde inzwischen aus dem Internet entfernt. Es war am 20.November 2010 von einer deutschsprachigen Nutzerin hochgeladen worden und trug den Titel "US-Soldaten vergewaltigen unsere Schwestern! Wacht auf oh Ummah!".