Fernsehkonsum von Kleinkindern soll anhaltend das Verhalten prägen

Nach einer Langzeitstudie von kanadischen Wissenschaftlern sind Vielglotzer im Alter von 2 Jahren später körperlich fauler, dicker und schlechter in Mathematik

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Auch wenn immer wieder geraten wird, Kinder nicht zu früh fernsehen zu lassen, werden schon auch gerne Kleinkinder vor die Glotze gesetzt. Kanadische Wissenschaftler haben nun versucht, die Langzeitfolgen des frühen Fernsehkonsums zu eruieren und dabei beobachtet, dass die Zeit, die Kinder im Alter von 2 Jahren vor dem Fernseher verbracht haben, Auswirkungen auf die Schulleistungen, den sozialen Umgang und die Gesundheit im Alter von 10 Jahren haben..

Für ihre Studie, die in den Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine erschienen ist, haben die Wissenschaftler von der Universität Montreal 1314 Kinder aus Quebec, Kanada, beobachtet, als sie 29 Monate, 4 und schließlich 10 Jahre alt waren. Die Eltern wurden befragt, wie lange die Kinder täglichen fernsehen. Schon im Alter von 29 Monaten verbrachten die Kleinkinder durchschnittlich 8,8 Stunden in der Woche oder mehr als eine Stunde pro Tag vor dem Fernseher. Könnte gut sein, dass es auch mehr sind, da zumindest manche Eltern vielleicht gerne die wirkliche Fernsehzeit herunterschätzen. Im Alter von 10 Jahren wurden die Lehrer nach schulischen, psychosozialen und gesundheitlichen Verhaltensaspekten der Schüler befragt, bei denen auch der BMI gemessen wurde. Versucht wurde, Faktoren wie Geschlecht, Schlafgewohnheiten, Temperament, Bildung der Mutter oder Familienstruktur auszuschalten, die die Ergebnisse beeinflussen könnten.

Nach der Studie, die freilich nur auf den Beschreibungen der Eltern und der Lehrer basiert, wird die Hypothese bestätigt, dass sich der Fernsehkonsum im Alter von 2 Jahren noch 8 Jahre später auswirkt - und zwar hier nur negativ. Die Vielglotzer nehmen weniger an Klassenaktivitäten teil, gehen in der Freiheit weniger sportlichen Aktivitäten nach, werden häufiger gemobbt und erzielen schlechtere Leistungen in der Schule.

Jede zusätzliche Stunde am Tag soll die Leistungen in Mathematik um 6 Prozent, die Teilnahme in der Klasse um 7 Prozent oder die körperliche Aktivität am Wochenende um 13 Prozent senken. Dagegen soll die Wahrscheinlichkeit, von den Klassenkameraden gehänselt oder gemobbt zu werden, um 10 Prozent steigen. Um 10 Prozent soll auch der Konsum von Snacks, der von Limonaden um 9 Prozent und der BMI um 5 Prozent zunehmen. Die quantitativen Aussagen darf man wohl aufgrund der Erhebung der Daten mit großer Vorsicht genießen.

Mitautorin und Psychologin Lina Pagani glaubt, dass die Langzeitfolgen darauf zurückgeführt werden können, dass Kleinkinder, bei denen sich Gehirn und Verhalten schnell entwickeln, besonders stark und dann auch anhaltend von der Umwelt, in dem Fall vom passiven Fernsehkonsum, geprägt werden.