Filz von Atomlobby und Regierung

Japan führt nicht nur das Restrisiko der Atomtechnik vor, sondern auch die politische Unfähigkeit, die Atomlobby zu kontrollieren

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In Fukushima wird der Weltöffentlichkeit das Schauspiel vorgeführt, dass nicht nur ein Restrisiko der Atomtechnik besteht, das nicht nur möglich ist, sondern jederzeit auch wirklich werden kann. Es zeigt sich auch, welche fatale Folgen die nicht nur in Japan, sondern überall vorhandene Atomlobby hat, deren Macht weit hinein in die Politik und in die Regierungen reicht. So können in Deutschland wie in Japan Laufzeitverlängerungen gegen einen zuvor einvernehmlichen Beschluss zum Atomausstieg ohne vorherige Sicherheitsprüfung durchgesetzt werden und/oder permanente Pannen und Mängel überspielt werden. Das ist auch eine Folge davon, dass Atomtechnik nur von großen Konzernen mit der Unterstützung von Staaten gemacht werden kann und dass es dabei um milliardenschwere Projekte geht.

Schleierhaft ist es einem Außenstehenden, dass die Regierung in Japan nicht imstande zu sein scheint, den Atomkonzern Tepco, der das AKW Fukushima betreibt, zu einer zuverlässigen und transparenten Information über die Situation zu zwingen. Der Präsident von Tepco verabschiedet sich für Tage während der Krise, entzieht sich der Verantwortung, während einige Arbeiter sowie Soldaten und Feuerwehrleute in die Gefahrenzone geschickt werden, ohne wirklich zu wissen, was sie machen. Sie versuchen die ausgefallene Kühlung durch Meerwasser zu kompensieren, dass die Situation wegen der Ablagerung von Salzkrusten an den Brennstäben noch gefährlicher macht, während sich gleichzeitig Tausende von Tonnen hoch radioaktives Wasser in den Blöcken ansammelt und notwendige Rettungsarbeiten verhindert oder erschwert, weil man nicht weiß, wie und wohin man das Wasser pumpen kann.

Dann werden Messwerte von extrem erhöhter Radioaktivität von Tepco veröffentlicht, um sie gleich wieder abzustreiten und "beruhigend" mitzuteilen, dass die Grenzwerte nicht millionenfach, sondern nur hunderttausend Mal überschritten werden. Wenn Tepco berichtet, dass die Abklingbecken von Reaktor 2 und 4 "vermutlich" so viel Wasser haben, dass die Brennstäbe davon bedeckt sind, so wird wohl kaum noch jemand das für bare Münze nehmen. Die Wassertemperatur im Abklingbecken in Reaktor 2 soll nur 56 Grad haben. Das könnte beruhigen, würde nicht der begründete Verdacht bestehen, dass das Containment dieses Reaktors beschädigt ist, weswegen hier so hohe Werte im Wasser des Kondensatorgebäudes gemessen wurden, das auch ins Meer zu sickern scheint.

Angeblich hat Tepco noch keine Spuren von Plutonium in der Umgebung messen können, das von den MOX-Brennstäben des beschädigten Reaktors austreten könnte. Man habe dafür angeblich nicht die richtigen Techniken, weswegen nun "unabhängige" Forschungsinstitute gebeten wurden, entnommene Bodenproben zu untersuchen. Es würde einige Tage brauchen, bis man erste Ergebnisse haben.

So wird beständig herumgetanzt, beschwichtigt, hinausgezögert. Regierungssprecher Edano sagte am Sonntagabend: "Wir haben irgendwie verhindert, dass die Situation schlimmerf wird. Aber die Aussichten verbessern sich nicht geradlinig und wir haben Veränderungen und Wendungen erwartet. Das kontaminierte Wasser gehört dazu und wir werden weiterhin den Schaden reparieren."