Heimtücke, Erpressungsversuche und brachiale Zerstörungswut?

Das Wahlkampfblog für Peer Steinbrück wird eingestellt

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Die heiße Sache ist schnell verglüht, der lange Lauf war kurz: "der Peerblog ist Geschichte". Nach drei oder vier Tagen schon. Dem satirischen Witz, der dem Projekt der Agentur Steinkühler.com zum Teil unfreiwillig innewohnte und der durch hippe Andockversuche an den amerikanischen Wahlkampf und an das demokratischen Erwachen des "arabischen Frühlings" heraufbeschworen wurde ( "Wir haben was entwickelt. Für den Kandidaten Peer Steinbrück") blieb man bis zum Schluss treu. Nichts Kleineres als die CIA durfte in der Begründung aufmarschieren, um zu erklären, warum die Arbeit am Versuch eingestellt wurde:

"Der peerblog.de ist als normale Website online gegangen. Firewalls gegen unerwünschte Eindringlinge auf CIA-Niveau kamen und kommen für uns nicht in Frage. Das offene Konzept führt nun dazu, dass unsere Inhalte nicht geschützt sind, von Hackern jederzeit gefälscht und manipuliert werden können."

Dazu mischt die Kommunikationsagentur für Wirtschaft, Politik und Medien ein paar Spuren VT und die Klage über die Heimtücke von Personen, die aus der Anonymität heraus brutal vorgehen:

"Wir wissen nicht, ob diese Attacken von Dritten bestellt oder gar bezahlt worden sind. Diese Angriffe aus dem Netz waren zusätzlich mit Erpressungsversuchen verbunden, unsere Geschäftsbeziehungen offenzulegen. Darauf werden wir aus grundsätzlichen Erwägungen selbstverständlich nicht eingehen. Jedenfalls ist nun der politische Dialog über und für Peer Steinbrück auf dieser außerparteilichen Plattform brachial zerstört worden."

Peerblog.de sei wegen fortwährender Cyber-Attacken auf die Server der Website, die zu dauerhaften Unterbrechungen geführt haben, vom Netz genommen worden, so die Begründung von Steinkühler.com für den Stopp der Blog-Aktivitäten. Hinter den Attacken vermute man die Hacker-Gruppe T3AM M3DUSA; anonyme Buchstabenschminke gewinnt mit DDos gegen "Kompetent, Kernig, Klar"?

Es gibt viele Beispiele dafür: Die Strategie des Steinbrück-Unterstützer-Blogs hat nicht funktioniert. Nicht journalistisch, weil diese Art des PR-Politik-Mixes in der deutschen Öffentlichkeit keine Glaubwürdigkeit mobilisieren kann. Weil sie sehr deutlich wahrnehmbar von politischen Überzeugungen entkernt ist. Das entspricht zwar einem gewissen Trend zur Leichtigkeit und Kosmetik ( Die passive Revolution im Journalismus), war aber im speziellen Fall des PeerBlogs auf einen Kandidaten zugemünzt, der ohnehin ein Glaubwürdigkeitsproblem hat, besonders wenn es um Finanzpolitik und Financiers geht. Weswegen die Strategie auch politisch nicht aufging.

Dass die Geldgeber, die das teure Blog-Projekt unterstützten, anonym bleiben wollten, wurde schließlich zum Fiasko. Die Kritik am Mangel an Transparenz mobilisierte Überlegungen, der Versteck-Sache mit der deutschen Rechtssprechung zur Parteienfinanzierung auf den Grund zu gehen.

Die auf diesen Punkt an der Werbung für den Kandidaten hin konzentrierte Öffentlichkeit, dem die Blogbetreiber kein anderes Thema entgegenzusetzen vermochten, ist in der SPD wahrscheinlich auf wenig Begeisterung gestoßen. Zumal die Echos auf den PeerBlog-Versuch nicht gut waren. Einschließlich derer, die akzentuierten, dass es sich hier um ein neues politologisches Phänomen handelt - bei dem die Partei in den Aufmerksamkeitsschatten des Kandidaten geschoben wird (aber die bad vibes doch abbekommt): "Das Publikum soll glauben, es habe sich im September nicht für diese oder jene Partei und deren Kandidatinnen oder Kandidaten zu entscheiden, sondern für eine Person, die dann kanzlernd die deutsche Politik bestimmt." ( Peerblog ist politologisch aufschlussreich).

Wahrscheinlich, dass dieser komische, aber nicht lustige Wirbel auch dem "Beinfreiheit"-Kandidaten Steinbrück zu weit ging. Der Erfolg des Projekts PeerBlog war auch auf dem long run nicht mehr zu erwarten.