Energiepolitik paradox

Immer mehr Branchen werden von der EEG-Umlage befreit

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

EEG-Strom drückt die Strompreise wird aber als fiktiver Kostentreiber instrumentalisiert. Der Grund: Im Oktober wird die neue Höhe der EEG-Umlage festgelegt, Privatkunden sollen dann mehr zahlen, damit weitere Betriebe befreit werden können. Nach der Entsolidarisierung soll dann das Ende des EEG angesteuert werden.

An der deutschen Strombörse sorgte der EEG-Strom am letzten Sonntag aber erst einmal wieder dafür, dass der Strompreis zur Peak-Load-Zeit von 9-20h auf dem Preisniveau für Nachtstrom blieb. Besonders die 18 GW Sonnenstrom deckten den Bedarf, so dass außer den Grundlastkraftwerken keine weiteren eingesetzt werden mussten. In der Folge lag der Strompreis in der Zeit von 3 bis 17 Uhr bei rund 2 Cent.

Dennoch wird der Strompreis jetzt wieder zum Streitthema stilisiert. Denn im Herbst legt die Regierung die Höhe der Umlage für EEG-Strom fest. Philipp Rösler drohte schon mal an: "Den erwarteten Anstieg sollten wir für eine grundlegende Reform des Gesetzes nutzen" das lässt Schlimmes ahnen. Rückendeckung bekommt er von EU-Energiekommissar Günther Oettinger der eine Deckelung der Umlage fordert. Beide verschweigen dabei geflissentlich, dass die Strompreise viel schneller steigen als die Umlage, die Preistreiber also woanders liegen müssen.

Gleichzeitig nutzen weitere Industrieverbände die Gunst der Stunde und fordern eine Befreiung von der EEG-Umlage auch für sich. Diese Möglichkeit war ursprünglich als Ausnahme eingeführt worden, um ganz besonders stromhungrige, exportorientierte Unternehmen vor angeblichen Wettbewerbsnachteilen zu schützen. Doch jetzt will sogar der Gesamtverband der Textil- und Modebranche eine Befreiung. Angeblich hätten die rund 560 Betriebe jährlich 70 Mio. Euro Mehrkosten durch die Umlage, drei Textilunternehmen verklagten ihre Energielieferanten deshalb in Musterverfahren auf Rückzahlung der Umlage. Sie berufen sich dabei auf ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Gerrit Manssen der argumentiert Stromverbraucher hätten keine besondere Finanzierungsverantwortung für die Förderung einer bestimmten Stromerzeugertechnik.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Bärbel Höhn kritisiert diese zunehmende Entsolidarisierung durch immer mehr Befreiungen. Große Unternehmen zahlten schon jetzt praktisch keine Ökosteuer mehr und viele müssten auch keine Netzentgelte zahlen. Diese willkürlichen Befreiungen machen bereits acht bis neun Mrd. Euro pro Jahr aus, die dann auf die Privatkunden abgewälzt werden - und gleichzeitig den Gegnern des EEG als Scheinargumente dienen.