Bundesbehörden dürfen Presseanfragen abweisen

Landesgesetze reichen als rechtliche Grundlage nicht aus. Regierungsmehrheit verhindert Bundesgesetz zur Presseauskunft

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Bundesbehörden sind derzeit nicht mehr verpflichtet, Journalisten aufwändigere Auskünfte zu erteilen. Dem Gesetz nach, könnte man sagen. Das Absurde aber ist, dass es derzeit gar kein Gesetz gibt, das entsprechende Anfragen regelt. Vor wenigen Tagen lehnten die Vertreter der Unionsparteien CDU und CSU sowie der FDP im Innenausschuss des Bundestags einen Entwurf der Sozialdemokraten für ein neues Presseauskunftsgesetz des Bundes ab. Zumindest bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung im Herbst wird der Schwebezustand damit andauern. Solange gilt: Anfragen von Medien an Bundesbehörden können beantwortet werden, wenn sie aktuelle Abläufe betreffen. Ist ein Rechercheaufwand nötig, dürfen sie abgelehnt werden.

Auslöser für das juristische und politische Problem war die Anfrage eines Journalisten des Springer-Verlags an den Bundesnachrichtendienst (BND). Der Printjournalist wollte wissen, wie viele Agenten des BND vormals bei der NSDAP oder anderen Nazi-Organisationen beschäftigt waren. Weil sich entsprechende Anfragen an den BND als Bundesbehörde nicht auf ein national geltendes Gesetz stützen können, das es ja nicht gibt, berief sich der Mann auf die Landespressegesetze von Bayern und Berlin - den beiden Ländern, in denen der Geheimdienst seinen Sitz hat. Der BND lehnte die Anfrage mit dem Argument ab, dass die Recherche zu aufwändig sei.

Eine Klage des Journalisten beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wurde abgewiesen. Die Richter, unter denen sich nach Informationen des Portals journalist.de ein ehemaliger Beamter des Bundesinnenministeriums befand, wiesen die Möglichkeit einer Anfrage an Bundesbehörden auf der Basis von Landesgesetzen im Februar ab. Die Krux ist, dass der Bund im föderalen System das Pressewesen nicht regeln darf. Ein vom Bundestag verabschiedetes Presseauskunftsgesetz könnte unter Umständen also angefochten werden.

Der Springer-Journalist will nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Bis zu einer Entscheidung dort könnten jedoch mehrere Jahre vergehen. Cornelia Haß von der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hofft daher, "dass nach der Bundestagswahl unter neuen Mehrheitsverhältnissen ein anderer Weg eingeschlagen" wird. Benno Pöppelmann, der Justiziar des Deutschen Journalisten-Verbandes, bezeichnet den "Schwebezustand als nicht hinnehmbar". Beide Verbände drängen auf eine rasche rechtliche Regelung.