Sehnsucht nach der Schröder-SPD

Das Ergebnis der Urabstimmung der SPD in Schleswig-Holstein ist eine Richtungsentscheidung

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Der Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein heißt Torsten Albig. Bei einer Urabstimmung der SPD-Mitglieder setzte sich der Kieler Oberbürgermeister mit 57,22 Prozent gegen den lange Zeit als Favoriten gehandelten Ralf Stegner durch. Stegner kam weit abgeschlagen auf nur 32,15 Prozent. Die Außenseiterkandidaten Brigitte Fronzek (9,09 %) und Matthias Stein (1,28 %) hatten keine Chance.

In seiner Deutlichkeit bedeutet das Abstimmungsergebnis eine herbe Niederlage für Stegner, der nun auch um seine Spitzenämter in der Partei fürchten muss. In dem Ergebnis spiegelt sich auch die Unzufriedenheit der Basis mit dem oft arrogant auftretenden Stegner wieder. Darüberhinaus offenbart die Wahl Grundlegendes, was die Ausrichtung der Partei anbelangt Stegner und Albig stehen für unterschiedliche Konzepte in der SPD.

Während Stegner den Sozialdemokraten ein soziales Profil geben wollte und ein neues Schulgesetz sowie eine kostenlose Kitabetreuung propagierte, lehnte Albig solche Forderungen ab, weil sie seiner Meinung nicht zu finanzieren sind.

"Ich kämpfe für Rot-Grün", erklärte Stegner noch vor wenigen Tagen in einem Interview, wo er sich von seinen konservativeren Konkurrenten absetzen wollte. Der ehemaliger Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sieht er sich, wie sein ehemaliger Chef, noch heute als Erbe der Schröder-SPD. Als Kieler Oberbürgermeister hat er sich als Sprecher der mit der Bundespolitik unzufriedenen Kommunalpolitiker zu profilieren versucht.

Die Urabstimmung hat deutlich gemacht, dass die SPD-Basis Sehnsucht nach den Machern der Schröder-Ära hat. Der Erfolg des Schröder-Mannes Olaf Scholz hat diese Tendenz noch verstärkt. Jetzt hofft die SPD bei den durch einen Gerichtsbeschluss festgelegten vorgezogenen Wahlen in Schleswig Holstein auf einen Erfolg eines Kandidaten vom rechten Parteiflügel.

Sämtliche Absetzbewegungen von Schröder und Co., die es in den letzten Jahren in der SPD scheinbar gegeben hat, können nicht darüber hinwegtäuschen. Stegner könnte das Schicksal seiner Parteifreundin Andreas Ypsilantis teilen, die auch für die SPD zu links war, obwohl sie anders als Stegner Wahlen gewonnen hat.