China: Premier warnt vor Kulturrevolution und Maoismus

Chinas Premierminister Wen Jiabao hat auf einer Pressekonferenz zum Abschluss des jährlich tagenden Nationalen Volkskongresses vor einer neuen Kulturrevolution gewarnt, wenn das Land nicht "dringend notwendige" politische Reformen beschließe.

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Chinas Premierminister Wen Jiabao hat auf einer Pressekonferenz zum Abschluss des jährlich tagenden Nationalen Volkskongresses vor einer neuen Kulturrevolution gewarnt, wenn das Land nicht "dringend notwendige" politische Reformen beschließe. Gemeint dürfte damit eine weitere Öffnung und eine Demokratisierung sein. Die Bemerkung ist unter anderem im Zusammenhang mit einem bemerkenswerten und viel beachteten Erfolg zu sehen, den kürzlich ein Küstendorf in Südchina errang, als dort nach heftigen Protesten ein der Korruption bezichtigter langjähriger örtlicher Parteichef abgesetzt und freie Wahlen eines neuen Bürgermeisters durchgesetzt wurden.

Interessanter ist aber noch der größere Zusammenhang, über den die in Hongkong erscheinende South China Morning Post schreibt. Demnach habe Wen erstmalig den Parteichef der 30-Millionen-Metropole Chongqing Bo Xilai kritisiert. Bisher hatte die chinesische Führung zu dem dortigen Skandal um den Polizeichef Wang Lijun geschwiegen. Dieser hatte sich kurzfristig in ein US-Konsulat geflüchtet, weil er sich um sein Leben gefürchtet haben soll.

Kurz nach Wens Bemerkungen wurde Bo seines Postens enthoben, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtet. Das Besondere an diesem Fall ist, dass Bo bisher als aussichtsreicher Kandidat für den Ständigen Ausschuss des Politbüros der KP galt, den inneren Zirkel der Macht in Beijing (Peking). Bo gilt als Hardliner der besonderen Art. Einerseits geht er in populistischer Manier gegen Korruption vor, ließ sich von den Medien dafür regelmäßig in einer für chinesische Politiker ungewöhnlichen Art feiern und fördert ein Revival maoistischer Kultur. Zum Beispiel mit Singwettbewerben bei denen Lieder aus der Kulturrevolution zum besten gegeben werden.

Andererseits ging er mit harter Hand gegen Proteste vor. Er gilt als daher als konservatives Gegenstück zu Wang Yang, dem Parteichef von Guangdong, der im letzten Dezember den oben erwähnten Erfolg der Bürger von Wukan zuließ. Auch Wang gilt als Kandidat für den Aufstieg an die Spitze der Parteiführung in Beijing und die Absetzung seines Gegenspielers ist ein Anzeichen dafür, dass die chinesische Führung auf eine weitere Öffnung des Landes setzt.

Interessant ist auch, dass sich Wen recht eindeutig gegen ein Wiederaufleben maoistischer Tendenzen aussprach und auf eine Parteiresolution von 1981 verwies, in der die Schrecken der Kulturrevolution verurteilt wurden. Wen ist 1989 Mitarbeiter des seinerzeitigen Parteichefs Zhao Ziyang gewesen, der für die Sympathie und Unterstützung geschasst wurde, die er den protestierenden Studenten auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen) entgegenbrachte.