Abkehr vom Auto?

Junge Menschen in Deutschland und Großbritannien machen weniger häufig den Führerschein als noch vor einigen Jahren - Beginn einer Trendwende?

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In Deutschland scheint der Trend von jungen Menschen weg vom Auto zu gehen, zumindest in den größeren Städten. Zwischen 2007 und 2010 machten 11 Prozent weniger Männer bis 24 Jahren den Führerschein, bei den Frauen waren es 10 Prozent. 2008 hatten nur noch 75,5 Prozent der unter 26-Jährigen den Führerschein, acht Jahre zuvor waren es noch 90,6 Prozent. Jüngere Menschen kaufen dementsprechend weniger Neuwagen.

Der Trend sei nicht mit dem demografischen Wandel zu erklären, so die Verkehrswissenschaftler Weert Canzler und Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin. Das Auto verliere an Bedeutung als Statussymbol, dagegen wird mehr Fahrrad gefahren und die Öffentlichen Verkehrsmittel benutzt. Allerdings haben ab 30 Jahre doch wieder 90 Prozent einen Führerschein. Auch wenn man sich kein Auto kauft, will man doch eines fahren können, wenn man es benötigt oder wünscht.

Einen ähnlichen Trend wie in Deutschland hat nun der Guardian auch in Großbritannien ausgemacht, hält sich aber in der Interpretation eher zurück. Hier stiegen die Bus- und Zugfahrten deutlich an. Letztes Jahr wurden so nicht nur 30 Prozent mehr Bahncards an junge Menschen verkauft, diese fuhren auch um 60 Prozent öfter als noch 2005. Zugleich ist die Zahl der 17-Jährigen kontinuierlich zurückgegangen, die eine Führerscheinprüfung machen. Während etwa die Hälfte der 17-20-Jährigen vor 20 Jahren einen Führerschein hatten, sind es jetzt 35 Prozent. Die Zahl der jungen Menschen unter 25 Jahre, die eine Führerscheinprüfung gemacht haben, ist in den letzten Jahren um 20 Prozent zurückgegangen.

Zwar wird vermutet, dass dafür auch die gestiegenen Benzinpreise und die hohen Kfz-Versicherungsprämien, die für junge Männer schon mal jährlich über 3.100 Pfund liegen, ein Grund sein können. Dazu kommen die verdreifachten Studiengebühren und die wachsende Jugendarbeitslosigkeit. Daran halten sich die Vertreter der Automobilverbände wie Edmund King von der Automobile Association fest. Nicht die Lust am Auto oder am Fahren sei den jungen Menschen vergangen, Schuld sind nur die "finanziellen Umstände": Trotz allem Umweltgerede und allem anderen glaube ich nicht, dass sich viel geändert hat", zitiert ihn der Guardian.

Man darf annehmen, dass die Kosten ein wichtiger Faktor für eine Abwendung vom Auto sind. Die öffentlichen Verkehrsmittel, die oft auch nicht billig, dafür aber gern überfüllt und nicht immer pünktlich sind, dürften nicht wirklich ein Ersatz für die individuelle Mobilität sein, schon eher das Fahrrad in den Städten. Aber es könnte gut sein, dass Autos zunehmend nicht mehr selbstverständlich als teures Statussymbol gelten, die man selbst besitzen muss, wenn man sich daran gewöhnt hat, auch mit anderen Mitteln oder mit Leihautos auszukommen und dafür mehr Geld für andere Dinge oder Aktivitäten zu haben.