Zermürbungskrieg und deutsche Verwundetenabzeichen

Pentagon-Bericht zur Lage in Afghanistan zeigt weiterhin, dass die Kabuler Regierung in 3/4 der strategisch wichtigen Zonen unbeliebt ist und die Taliban in beinahe der Hälfe dieser Zonen unterstützt werden

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Ein aktueller Pentagon-Bericht zum Fortschritt der Friedens-und Stabilisierungsbemühungen in Afghanistan - für den Zeitraum Oktober 2009 bis 31 März 2010 - konstatiert "leichte Verbesserungen" seit Obamas Truppenaufstockung.

"The continuing decline in stability in Afghanistan, described in the last report, has leveled off in many areas over the last three months of this reporting period."

Die Zahlen, welche die aufkeimende Hoffnung begleiten, nehmen sich allerdings demgegenüber, nach immerhin fast neun Jahren Bemühungen der Alliierten, wenig imposant aus: Gerade mal in einem Viertel der strategisch wichtigen Zonen des Landes soll die Bevölkerung nach Einschätzung des Pentagon der afghanischen Regierung sympthatisch gegenüberstehen:

"The overall assessment indicates that the population sympathizes with or supports the Afghan Government in 24% (29 of 121) of all Key Terrain and Area of Interest districts."

Die Taliban-Guerillas können laut Bericht dagegen auf Unterstützung bzw. Sympathie in 48 Prozent dieser Zonen rechnen.

Die Unterstützung der Bevölkerung für die mit der Regierung verbündeten ausländischen Truppen ist demgegenüber zurückgegangen: Der Anteil derjenigen Afghanen, die die amerikanischen bzw. die ISAF- Streitkräfte als "gut" oder "sehr gut" oder gut bewerten, fiel von 38 Prozent im Dezember auf 29 Prozent im März.

Einen der hauptsächlichen Gründe, die die westlichen Truppen in der Bevölkerung so unbeliebt machen, hat der US-Journalist Gareth Porter Anfang April ausführlich beschrieben: die Taktik der nächtlichen Razzien, die unter McChrystal deutlich gesteigert wurden, teilweise um das Vierfache, und die für viele zivile Tote verantwortlich sind und für Proteste, wie sie dereit stattfinden. In dem aktuellen Fall geht es um den Verwandten einer afghanischen Parlamentarierin, der anscheinend bei einer nächtlichen Razzia von US-Soldaten erschossen wurde.

Der afghanische Präsident Hamid Karzai fordert angeblich erneut einen Verzicht solcher nächtlichen Durchsuchungen, die die Afghanen fürchten; nützen wird die Forderung nicht viel. Die Informationen darüber, in welchem Haus sich militante Taliban aufhalten, werden sich die ortsfremden Streitkräfte wohl auch künftig vor allem mit brachialen Methoden verschaffen. Der Zermürbungskrieg geht weiter.

Geht es nach der FDP, erhält er künftig für deutsche Soldaten mit einem neu einzuführenden Verwundetenabzeichen nach dem Modell des "Purple Heart" eine "sinnvolle Ehrung".