Kaum den angerichteten Schaden repariert

Neuer Bericht der US-Aufsichtsbehörde für den Wiederaufbau im Irak stellt beschämendes Zeugnis aus

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Am 2. Februar kommenden Jahres soll der Bericht "Hard Lessons: The Iraq Reconstruction Experience" veröffentlicht werden, anläßlich der ersten Anhörung des Ausschusses zu Vertragspartnerschaften im Krieg ("Commission on Wartime Contracting"). Doch schon jetzt zirkulieren Kopien der 513 Seiten dicken Geschichte des Wiederaufbaus im Irak in einem kleinen Washingtoner Kreis aus technischen Experten, politischen Fachleuten und höherrangigen Staatsvertretern. Und auch die New York Times gelangte an eine Kopie des Manuskripts aus dem Office of the Special Inspector General for Iraq Reconstruction (SIGIR) unter Vorsitz des Republikaners Stuart W. Bowen Jr..

Was die Zeitung aus der "ersten zusammenfassenden Überblicksgeschichte über die fünfjährigen Wiederaufbemühungen" an großen Schlüssen und Details berichtet und zitiert, stellt der Supermacht ein beschämendes Zeugnis aus. So wird etwa als bitterstes Resümee herausgestellt: "dass die nüchternen Zahlen über die Grundversorgung und die industrielle Produktion [..] enthüllen, [..] dass die Wiederaufbaubemühungen nie mehr erreichten, als das wiederherzustellen, was durch den Einmarsch und die nachfolgenden Plünderungswellen zerstört wurde".

Mitte 2008 belief sich die für den Wiederaufbau investierte Summe nach Angaben des SIGIR auf 117 Milliarden Dollar, 50 davon sollen Steuergelder sein. Der Bericht, dem 500 neue Interviews und mehr als 600 Überprüfungen zugrunde liegen, stellt die irakische Produktion von Öl, Strom, den Zugang zu Trinkwasser, die Verfügung über Telefonverbindungen und die Sicherheitskriterien zur Zeit vor der Invasion dem gegenüber, was während der Besatzung und jetzt fünf Jahre später - drei Jahre vor Ende der Besatzung? - Stand der Dinge ist: Demnach ist die Stromversorgung seit 2007 zu besten Zeiten gerade mal um 10 Prozent besser als zu Saddam Husseins Zeiten und die Ölproduktion noch immer unterhalb früherer Mengen. Die Versorgung mit Trinkwasser hat sich allerdings um 30 Prozent verbessert; allerdings weiß man, angesichts des ruinösen Zustands der Leitungen nicht, wieviel davon sauber und tatsächlich trinkbar ist.

Zwar ließe sich an diesem Beispiel konkret einwenden, dass der schlechte Zustand der Wasserleitungen ein Erbe des Regimes Saddam Hussein ist, wie manch andere schadhafte Infrastruktur, die der Diktatur anzulasten ist. Doch gaben die Amerikaner viel auf Versprechen und die Reconstruction, die später im Maßstab und in der Intention mit dem Marshallplan verglichen wurde, sollte aus dem Irak ein blühendes Land machen. Und diese Versprechen sind der Maßstab, an dem sich die Kritik des SIGIR ausrichtet. Immerhin hat sie daraus im Laufe der Jahre ein beträchliches Geschäftsvolumen für Vertragspartner der amerikanischen Regierung entwickelt, das die anfänglich angelegten Dimensionen bald gesprengt hat. Die Frage, die der Generalinspekteur insbesondere klären will, ist laut New York Times, wieviel Schuld für die Versäumnisse tatsächlich mit der schlechten Sicherheitslage in den Jahren 2005 bis hinein ins Jahr 2007 erklärt werden kann.

Als Illustration für die grundlegend falschen Vorstellungen - und den großen Unmut -, mit denen entscheidende Stellen der US-Regierung an die Idee des Wiederaufbaus herangingen, zitiert die Zeitung folgende Szene aus dem SIGIR-Bericht, die im ersten Kriegsjahr 2003 spielt, mit dem damaligen Verteidigungsminister Rumsfeld und Irak- Verwaltungschef Jay Garner. Laut SIGIR-Bericht präsentierte Garner dem Pentagon-Chef Rumsfeld einige Pläne für den Wiederaufbau mit Projekten, die über das ganze Land verstreut waren:

"Was glauben Sie, was das kosten wird?", fragte Rumsfeld angesichts des teuereren Planes.

"Ich glaube, das wird Milliarden Dollar kosten", sagte Garner.

"Mein Freund", antwortete Rumsfeld, "Wenn Sie denken, dass wir hier eine Milliarde Dollar von unserem Geld ausgeben werden, dann liegen Sie ganz weit daneben."